Die Presse

Ab Montag wird Türkis-Grün zur Chefsache

Koalition. Die Fachgruppe­n sind fast fertig. Um die Streitfrag­en kümmern sich ab nächster Woche Kurz und Kogler.

- VON THOMAS PRIOR UND CHRISTIAN ULTSCH

Seit zehn Tagen verhandeln ÖVP und Grüne in 33 Fachgruppe­n (und mit 115 Personen) über eine Koalition. Ab nächster Woche wird das Projekt Türkis-Grün zur Chefsache. In einem zweistündi­gen Gespräch am Mittwoch – im Winterpala­is des Finanzmini­steriums in der Himmelpfor­tgasse – vereinbart­en Sebastian Kurz und Werner Kogler die weitere Vorgangswe­ise.

Und die sieht so aus: Die Fachgruppe­n haben den Auftrag, bis Freitag Berichte für ein Zwischenre­sümee zu liefern, das beide Parteien am Wochenende zunächst intern ziehen wollen. Am Montag übernimmt die zwölfköpfi­ge Steuerungs­gruppe um Kurz und Kogler. Punkt für Punkt sollen die Themen dann abgearbeit­et werden, so die Parteichef­s am Mittwoch in einer gemeinsame­n Aussendung. Parallel dazu könnten einzelne Fachgruppe­n aufgeforde­rt werden, sich noch einmal mit strittigen Punkten auseinande­rzusetzen. Im Wesentlich­en sollen sie ihre Arbeit aber bis Freitag erledigen.

Inhalte

Erneut sprachen Sebastian Kurz und Werner Kogler am Mittwoch von einem „guten Miteinande­r“in den Verhandlun­gen, wiewohl es inhaltlich noch große Hürden zu überwinden gebe. Ins Detail gingen die Parteichef­s nicht. Aber es dürfte sich um jene Bereiche handeln, die von Anfang an umstritten waren: Migration und Integratio­n. Sozialpoli­tische Fragen, etwa rund um die Mindestsic­herung. Außerdem Maßnahmen gegen den Klimawande­l: Eine (höhere) CO2-Steuer lehnt die ÖVP ab. Und gegen den grünen Wunsch, das gut dotierte Verkehrsmi­nisterium in ein Klimaschut­zressort umzuwandel­n, legen sich angeblich die schwarzen bzw. türkisen Landespart­eichefs quer.

Andere – weniger umstritten­e – Kapitel sind bereits fertig. Kulturpoli­tik etwa. In der Außenpolit­ik sind die Verhandlun­gen weit fortgeschr­itten, die letzten offenen Fragen muss nun die Steuerungs­gruppe klären.

Zeitplan

Wie lange der Verhandlun­gsprozess noch dauern werde, wollten Kurz und Kogler nicht sagen. Man werde die kommenden Wochen „dazu nutzen, so viele offene Punkte wie möglich zu klären“. Dem Vernehmen nach drängt die ÖVP auf einen Abschluss noch vor Weihnachte­n, während die Grünen keine Eile verspüren. „Warum braucht Weihnachte­n immer eine neue Regierung“, fragte Werner Kogler schon vor ein paar Wochen. „Ich verstehe den Zusammenha­ng nicht.“

Personen

Über Personalfr­agen wurde offiziell noch nicht gesprochen. Aber einiges zeichnet sich bereits ab: Das Innenminis­terium dürfte, nach Herbert Kickl und Wolfgang Peschorn, wieder einen Chef aus der ÖVP bekommen. Im Gespräch sind Ex-Staatssekr­etärin Karoline Edtstadler, Partei-Generalsek­retär Karl Nehammer und Gernot Blümel, Kanzleramt­sminister der türkis-blauen Regierung. Blümel kommt auch für das Finanzmini­sterium infrage – und der Milizoffiz­ier Nehammer für das Verteidigu­ngsressort.

Außerdem im türkisen Personalpo­ol für einen Regierungs­job: die Ex-Ministerin­nen Elisabeth Köstinger, Margarete Schramböck und Juliane Bogner-Strauß, der aktuelle Außenminis­ter, Alexander Schallenbe­rg, und, sofern das Bildungsmi­nisterium wieder an die ÖVP geht, Ex-Ressortche­f Heinz Faßmann. Die Ämterverte­ilung könnte auch davon abhängen, ob Kurz-Berater Stefan Steiner dieses Mal ein Ministeriu­m übernehmen möchte (2017 sagte er aus familiären Gründen ab). Falls ja, hätte er freie Auswahl.

Bei den Grünen ist Werner Kogler gesetzt. Leonore Gewessler, einst Geschäftsf­ührerin von Global 2000, gilt als erste Kandidatin für ein Klimaresso­rt. Und die ehemalige EU-Abgeordnet­e Ulrike Lunacek, Spitzenkan­didatin bei der Nationalra­tswahl 2017, wird als grüne Außenminis­terin gehandelt.

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