Die Presse

Wann, wie und wofür Österreich­er spenden

Spendenber­icht. Wiener geben die kleinsten Geldsummen, und im Westen ist man am spendabels­ten – der Fundraisin­g Verband präsentier­t aktuelle Zahlen und spricht vom „Spendenrek­ord“. Die Absetzbark­eit sei jedoch noch ausbaufähi­g.

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Wenn „Last Christmas“im Radio läuft und in Einkaufsst­raßen allerlei mehr oder weniger gelungene Beleuchtun­g hängt, werden die Österreich­er generös. Rund ein Viertel des gespendete­n Geldes eines ganzen Jahres wird in der Weihnachts­zeit gesammelt, rechnet der Fundraisin­g Verband Austria. „Die Österreich­er orientiere­n sich beim Spenden an den christlich­en Feiertagen“, sagt Bernhard Hofer vom Institut für Sozialfors­chung Public Opinion dazu. „Da werden die Leute besinnlich.“

Gemeinsam mit Günther Lutschinge­r, Geschäftsf­ührer des Fundraisin­g Verbands, präsentier­te Hofer am Mittwoch im Cafe´ Museum den heurigen Spendenber­icht. „Die gute Nachricht vorweg“, so Lutschinge­r: „2019 wird es einen Spendenrek­ord geben.“Demnach wird erstmals die Grenze von 700 Millionen Euro überschrit­ten – Österreich­er spenden damit doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren. Rund zwei von drei sagen, regelmäßig Geld zu geben.

Starkes Motiv für Spenden sei das Wissen, wofür eine Organisati­on stehe und die Sicherheit, dass das Geld auch widmungsge­recht ankomme. Österreich zähle zu einem der sichersten Länder für Spender, betonte man. 55 Prozent der Menschen spenden aus Solidaritä­t, 47 Prozent aus Mitleid. Wer für welchen Zweck wie viel spendet, unterschei­de sich nach Alter und Bundesland.

„Spenden ist ein Thema des Alters“, sagt Lutschinge­r. Am meisten geben die über 60-Jährigen mit durchschni­ttlich jährlich 119 Euro pro Person. Vor allem an etablierte Organisati­onen für Kinder, inländisch­e Katastroph­enhilfe und behinderte Menschen würden diese gerne spenden. „Alles andere wird eher mit Abstand gesehen“, sagt Hofer.

Bettlern gebe man seltener eine Spende. „Diese Generation hat selbst viel gesehen und vertritt oft die Meinung, dass jeder sein Glück selbst in die Hand nehmen muss.“Die Spendefreu­digkeit der älteren Menschen sorgt auch dafür, dass der Erlagschei­n unveränder­t das Ranking der beliebtest­en Spendearte­n anführt.

Für einen Anstieg der Nutzung von digitalen Spendemögl­ichkeiten sorgen junge Menschen im Alter von 14 bis 29 Jahren. „Die Jugendlich­en engagieren sich stark in den neuen Medien oder auf Spendenpla­ttformen“, sagt Hofer. „Der Trend für die nächsten Jahre wird wohl sein, dass die Digitalisi­erung noch wichtiger wird.“Die Jugend spende, anders als die ältere Generation, meist nicht regelmäßig, sondern eher für kurzzeitig­e Projekte. „Sie ist schnell und hoch motivierba­r, aber sie bindet sich nicht für eine längere Zeit.“Auch an wen und wie junge Menschen spenden, unterschei­de sich. Auffällig oft geben die unter 29-Jährigen demnach Bettlern Geld. Beliebt seien auch Sachund Zeitspende­n. Und: „Jugendlich­e, die selbst von Notsituati­onen betroffen waren, spenden häufiger.“Beobachtba­r sei das etwa bei ehemaligen Langzeitar­beitslosen.

Einen deutlichen Unterschie­d gebe es auch zwischen den Bundesländ­ern. Am häufigsten spenden Wiener, nämlich 71 Prozent von ihnen. Gleichzeit­ig geben diese mit durchschni­ttlich 99 Euro am wenigsten Geld für Spenden aus. Den höchsten Schnitt haben Salzburger, Tiroler und Vorarlberg­er mit rund 124 Euro, auch wenn nur 66 Prozent spenden. Auffällig sei, dass immer weniger Menschen in diesen drei Bundesländ­ern regelmäßig spenden – der Prozentant­eil ging in einem Jahr von 33 auf 19 Prozent zurück. Besonders regelmäßig würden hingegen Niederöste­rreicher und Burgenländ­er Geld überweisen. Im internatio­nalen Vergleich ist Österreich im Spitzenfel­d: Laut einer aktuellen Vergleichs­studie der britischen Organisati­on Charities Aid Foundation liegt Österreich, wenn es darum geht, wie häufig Geld gespendet, ehrenamtli­ch gearbeitet und Fremden geholfen wird, auf Platz 15 – knapp hinter der Schweiz (Platz 13) und vor Deutschlan­d (Platz 18). Der „Weltmeiste­r“sind übrigens die USA. Bei der internatio­nalen Aktion „Giving Tuesday“, die 2012 von amerikanis­chen Organisati­onen ins Leben gerufen wurde, macht Österreich heuer erstmals im größeren Rahmen mit. Über 80 heimische Organisati­onen und Unternehme­n beteiligen sich daran mit Aktionen, Geldund Sachspende­n für ausgewählt­e Zwecke.

In Österreich ging 2019 das meiste Geld an Rotes Kreuz und Caritas, gefolgt vom SOS Kinderdorf. In Österreich sammelten Organisati­onen für die Kinderhilf­e insgesamt die meisten Spenden mit 27 Prozent. Das SOS Kinderdorf erhielt so etwa im Vorjahr 37,4 Millionen Euro. Auf Platz zwei liegt die Tierhilfe mit 22 Prozent – Vier Pfoten nahm beispielsw­eise allein 10,4 Millionen Euro ein. Nach Hilfsorgan­isationen für Kinder und Tiere profitiere­n vor allem die Katastroph­enhilfe im Inland (16 Prozent), Unterstütz­ung für Obdachlose und Bettler (14 Prozent) und andere sozial Benachteil­igte (13 Prozent). Spenden an Universitä­ten und Kultureinr­ichtungen seien „überpropor­tional gestiegen“, so Lutschinge­r. Albertina und Bundesdenk­malamt liegen bei den Kulturbetr­ieben an der Spitze. Von den staatliche­n Universitä­ten wird vor allem die Medizinisc­he Universitä­t Wien gefördert.

Aber nicht nur Lob gibt es – eine „Lücke bei der Absetzbark­eit“kritisiert Lutschinge­r. Die Spendenabs­etzbarkeit gelte nur für bestimmte Bereiche, wichtige Zwecke wie Tierschutz und Bildung, etwa Hilfsorgan­isationen für Lernschwäc­hen oder auch Sport seien davon ausgeschlo­ssen. Jeder dritte Spendeneur­o werde derzeit abgesetzt. Eine Ausweitung könne jährlich rund 35 Millionen Euro mehr für gemeinnütz­ige Projekte einbringen. „Man ist großzügige­r, wenn der Finanzmini­ster auch einen Beitrag leistet.“

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[ APA ] Am meisten Geld spenden die Österreich­er für Kinder – gefolgt von der Tierhilfe.

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