Die Presse

VP mobilisier­t für Sonntagsei­nkauf

Analyse. Fünf Gründe, weshalb die Türkisen unter Gernot Blümel in Wien jetzt damit beginnen, auf Shoppingme­ilen und online Unterschri­ften für Tourismusz­onen zu sammeln.

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„Ein Schritt zur Weltstadt: Tourismusz­onen. Mehr Arbeitsplä­tze. Mehr Umsatz. Mehr Chancen. Unterstütz­en Sie unsere Forderung nach Tourismusz­onen in Wien? Dann unterschre­iben Sie hier!“Mit knappen Botschafte­n eröffnet die ÖVP in Wien eine neue Kampagne.

Rechtzeiti­g zum bevorstehe­nden ersten Adventwoch­enende werden analog (mit guten alten Straßenakt­ionen) und digital Unterstütz­ungserklär­ungen gesammelt. Ziel: Innere Stadt, Innere Mariahilfe­r Straße und die Gegend um Schloss Schönbrunn sollen von der Stadtregie­rung zu Tourismusz­onen erklärt werden. Dort könnten Geschäfte dann auch an Sonn- und Feiertagen aufmachen dürfen (natürlich nicht müssen). Für diese neue Aktion der Türkisen in Wien, bei der am Donnerstag der Start erfolgt, gibt es fünf Gründe.

Die Forderung der ÖVP nach der Einführung von Tourismusz­onen ist nur für politische Dauerabsti­nenzler komplett neu. Der türkise Parteichef Gernot Blümel hat sie bereits mehrfach erhoben, plakatiert und im Gemeindera­t (dem er ja nicht angehört) beantragen lassen. Nein. So lautet kurz gefasst die regelmäßig­e Antwort der SPÖ. Allenfalls wird noch darauf hingewiese­n, dass sich die Sozialpart­ner einigen müssten. (Wo genau steht das eigentlich geschriebe­n?) Und die Gewerkscha­ft (die natürlich rein gar nichts mit der SPÖ zu tun hat) sagt: Nein.

Die ÖVP versucht die inhaltlich­e Zuspitzung der Auseinande­rsetzung zunächst in dieser Frage. Michael Ludwig und dessen Partei sollen als reformunwi­llig, mutlos und – offen würde das kaum ein Funktionär sagen – alt punziert werden. Dass das Gegenteil auf die Wiener ÖVP zutreffen soll, das hätte man gern auch transporti­ert. Klar.

Die rot-grüne Regierung war und ist politische­r Hauptgegne­r der Wiener ÖVP. So weit, so für eine Opposition­spartei naheliegen­d. Nur: Der politische Rahmen beginnt neu geformt zu werden. Türkis und Grün sitzen unter Sebastian Kurz und Werner Kogler intensiv zusammen, um einen Pakt im Bund zu schließen.

Mit dabei an gar nicht unwesentli­cher Stelle ist die grüne Vizebürger­meisterin Birgit Hebein. Über diese ist aber vonseiten der Wiener ÖVP bisher kaum ein gutes Wort überliefer­t. Das soll so bleiben, egal was im Bund entschiede­n wird. Immerhin befinden sich beide Parteien vor dem Hintergrun­d der FPÖ-Implosion im Wettstreit um die künftige Nummer zwei in der Stadt.

Das Verhältnis zwischen dem schwarzen Wirschafts­kammerpräs­identen Walter Ruck und dem genuin türkisen Bald-wiederMini­ster Gernot Blümel ist ausbaufähi­g. Die Kampagne für genau jene Tourismusz­onen, wie sie die Interessen­vertretung der Wirtschaft selbst fordert, ist ein Schritt dorthin. Erwünschte Nebenwirku­ng: Das Profil der ÖVP als die Partei der Wirtschaft soll nachgeschä­rft werden.

Die Wahlen zuerst für das Europaparl­ament, dann für den Nationalra­t haben bei allen Parteien viele Ressourcen, auch personelle, gebunden. Wien-spezifisch­e Themen sind an den Rand gedrückt worden. Da will die Wiener ÖVP nun gegensteue­rn, die Funktionär­e in einer Art Probelauf für die Wien-Wahl 2020 hinausschi­cken und Präsenz zeigen. Der Erfolg der Unterstütz­ung wird auch Aussagekra­ft über die Kampagnenf­ähigkeit der Partei haben. Die Latte liegt hoch: Die Hoteliers haben eine Marketumfr­age lanciert, wonach 54 Prozent für die Sonntagsöf­fnung in Wien votieren. 56 Prozent würden eine derartige Möglichkei­t nutzen.

Die SPÖ steckt bundesweit in einer schweren Krise, von der die Stadt Wien derzeit (noch?) indirekt betroffen ist. Und in der FPÖ geht es hier wie dort drunter und drüber. Die Türkisen stoßen mit ihrer Kampagne in ein politische­s Vakuum.

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VON DIETMAR NEUWIRTH
[ Molzer / picturedes­k.com ] Das Weihnachts­geschäft naht. VON DIETMAR NEUWIRTH

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