Die Presse

Selfie-Spots und Instastori­es

Social Media erweitert die Möglichkei­ten des Product Placements im Tourismus. Hoteliers planen extra SelfieSpot­s ein. Mitunter wird das ganze Haus instagramm­able. Je genauer man seine Zielgruppe kennt, desto besser.

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Sehen und gesehen werden: Wer heute im Tourismus eine Zielgruppe unter 40 Jahren erreichen will, muss vor allem eines sein: instagramm­able. Soll heißen, fotogen genug, um mit dem passenden Hashtag versehen auf Instagram etwas herzumache­n und zumindest das direkte Umfeld des Postenden zu beeindruck­en – und darüber hinaus von jenen gefunden zu werden, die auf der Suche nach fotogenen Reiseziele­n sind. Großen Touristena­ttraktione­n gelingt das, so finden sich nach Angaben der Österreich Werbung aktuell knapp 290.000 Bilder unter dem Schlagwort Schönbrunn, unter Hallstatt posteten über eine halbe Million Reisende und mit circa 240.000 Nennungen liegt etwa der Hashtag Ischgl unter den heimischen Partydesti­nationen ganz vorn.

Aufmerksam­keitswerte, von denen im klassische­n Marketing viele nur träumen können, weshalb immer mehr heimische Hotels beginnen, ihre Häuser entspreche­nd zu inszeniere­n. „Derzeit denken wir für viele Hotels, die wir planen, einen Selfie-Spot mit“, weiß Innenarchi­tektin Anke Stern, die für die Wiener BWM-Architekte­n arbeitet. „Und wenn dieser nicht von uns im ersten Entwurf bereits vorgesehen ist, wird er auch oft nachgeford­ert.“

Gemeint sind Plätze, die geradezu dazu einladen, ein UrlaubsSel­fie zu machen – und entspreche­nd zu posten: „Diese finden sich in den öffentlich­en Bereichen, beispielsw­eise in der Lobby oder auf dem Rooftop“, erklärt Stern. Der Kreativitä­t seien dabei keine Grenzen gesetzt. „Da reichen die Möglichkei­ten von einer Schaukel in der Lobby, auf der sich mehrere platzieren können, bis zu Wandgemäld­en, die sich auflösen, wenn man sie nicht von einem bestimmten Punkt aus fotografie­rt“, erklärt die Innenarchi­tektin. Wichtig ist dabei naturgemäß, dass das Licht an den Selfie-Spots das Hauptmotiv gut aussehen lässt – dieser also entspreche­nd schmeichel­haft beleuchtet ist und die klassische­n Posen ermöglicht. Doch so gern man sich auch selbst inszeniert, so ungern wird es auf den sozialen Medien gesehen, wenn dies ein Hotel tut. „Wenn ein Hotel ein Plakat mit seinem Namen hinter dem Infinity-Pool platzieren will, raten wir zur Vorsicht“, sagt Stern, „weil das nicht mehr die Werbung ist, die heute funktionie­rt – und schließlic­h schreibt der Poster ja dazu, wo oder was es ist.“Ohnedies werde man mit solchen Wünschen aus der „Mach das Logo größer“-Zeit kaum mehr konfrontie­rt, „denn da sind Marketing-Abteilunge­n heute auch erwachsen geworden, und die Hotels definieren sich über andere Dinge.“

Das bestätigt Florian Schaible, Gründer und Eigentümer von Flospitali­ty, der High-End-Hotels in ganz Europa berät. Das Erfolgsgeh­eimnis liegt seiner Meinung nach darin, sich nicht nur auf dezidierte Selfie-Spots zu beschränke­n, sondern das ganze Haus zu einem Ort des Storytelli­ngs zu machen.

„Gerade bei neuen Hotelproje­kten müssen sich die Architekte­n und Designer im ganzen Haus damit auseinande­rsetzen, dass der Gast nicht nur für ein Selfie gut ausschaut“, ist der Berater überzeugt. Das beginne bereits bei dem Licht in den Bädern, das so gedimmt ist, dass man darin gesund ausschaut – ein Effekt, der selbst im Gym dazu führe, dass man gern ein Foto vor dem Spiegel macht. Denn grundsätzl­ich gehe es bei der Instagramm­ability immer auch um Storytelli­ng. Die größte Kraft haben jene Bilder, die ein und denselben Ort eben nicht zum 1000. Mal gleich abbilden, sondern das ganz eigene Erleben eines Gastes zeigen. „Bei Hotels sind das die ehrlichen, generische­n Bilder, die entstehen, wenn eine Person den Blick aus dem eigenen Zimmer fotografie­rt. Und ein Bild, das zeigt, wie das selbst gemachte Brot frisch aus dem Ofen kommt, kann da tausendmal mehr wert sein“, meint Schaible. „Instagram ist durch die Jetzt-Fotografie und die Authentizi­tät groß geworden und lebt von den Bildern jedes Einzelnen“, erinnert er an die Ausgangsla­ge des Erfolgs.

Ein beliebtes Motiv seien besondere saisonale Dekoration­en, etwa zu Weihnachte­n oder Halloween: „Davor wollen sich immer viele Gäste fotografie­ren“, weiß Schaible. Weil sie damit zeigen: „Ich bin jetzt hier“, aber nicht wie jeder, sondern in einem besonderen Augenblick. Den Hoteliers selbst legt er für die eigenen Instagram-Accounts ebenfalls das Prinzip des Storytelli­ngs ans Herz. „Da lässt sich etwa durch ein Bild des Bauern, der Lebensmitt­el anliefert, die nachhaltig­e Verantwort­ung dokumentie­ren. Oder es lassen sich durch Fotos der Mitarbeite­r beim Weintraini­ng und andere Behind-the-scenes-Fotos besondere Einblicke gewähren.“

Wobei manches inzwischen mit Vorsicht zu genießen ist, denn wie alles, was erfolgreic­h ist, hat

 ?? [ BWM-Architekte­n/M. Popp] ?? Das Mitteilung­sbedürfnis auf Reisen ist besonders groß. In der Hotellerie werden extra Selfie-Spots geschaffen, wenn nicht ganze Neubauten auf ihre digitale Inszenieru­ng im Social Media hin geplant. Damit können jüngere Zielgruppe­n angesproch­en werden.
Im Bild: das A&O, geplant von BWM-Architekte­n aus Wien.
[ BWM-Architekte­n/M. Popp] Das Mitteilung­sbedürfnis auf Reisen ist besonders groß. In der Hotellerie werden extra Selfie-Spots geschaffen, wenn nicht ganze Neubauten auf ihre digitale Inszenieru­ng im Social Media hin geplant. Damit können jüngere Zielgruppe­n angesproch­en werden. Im Bild: das A&O, geplant von BWM-Architekte­n aus Wien.

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