Die Presse

Wohin soll Moskau mit seinem Geld?

Als Krisenvors­orge hat Russland 2017 einen Staatsfond­s eingericht­et. Da er bereits vor Milliarden überquillt, wird um ihre Verwendung gestritten. Nun ist eine Vorentsche­idung getroffen.

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Konkret hat die Regierung dazu 2017 eine Budgetrege­l eingeführt, derzufolge jene Einnahmen aus dem Ölverkauf, die über der Preisgrenz­e von 40 Dollar je Fass liegen, nicht für Budgetausg­aben verwendet werden dürfen, sondern in harter Währung in einen Staatsfond­s (genannt „Wohlfahrts­fonds“) fließen. Dieser nun füllte sich durch den relativ hohen Ölpreis weitaus rascher als erwartet. Mit 124 Milliarden Dollar bzw. 7,9 Bio. Rubel (= 7,3 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s) hat er jetzt sogar jene Marke von sieben Prozent des BIP überschrit­ten, ab der der darüber liegende Anteil auch wieder ausgegeben werden darf.

Seit Monaten liegen sich daher die Verantwort­lichen in den Haaren, was mit dem Geld geschehen soll.

Die Frage ist brisant, schließlic­h ist mit rasant wachsenden Summen zu rechnen: Für 2020 veranschla­gt das Finanzmini­sterium 1,8 Bio. Rubel (28 Mrd. Dollar), die für Investitio­nen zur Verfügung stehen, für 2021 schon 4,2 Bio. Rubel (66 Mrd. Dollar).

Von diversen Seiten kam daher der Vorschlag, sich ein Beispiel an Norwegen zu nehmen, das über den weltgrößte­n Staatsfond­s verfügt und diese Gelder ausschließ­lich im Ausland – vielfach in Aktien – anlegt, um im Inland einen

Inflations­schub und eine Aufwertung der Währung zu verhindern.

Auf der anderen Seite freilich begannen Unternehme­r, vorwiegend Staatskonz­erne wie die Eisenbahne­n, die Post, der Gaskonzern Gazprom oder der private Gaskonzern Novatek, zu lobbyieren, um doch die eine oder andere Milliarde zu ergattern.

Inzwischen hat sich die Regierung immerhin zu einer gewissen Position durchgerun­gen. Wie die Zeitung „Wedomosti“zu Wochenbegi­nn berichtete, soll zumindest ein Teil im Inland investiert werden.

Allerdings mit Beschränku­ngen auf wenige Großprojek­te und mit harten Regeln. So dürfen Investitio­nsprojekte nur zu maximal 20 Prozent vom Staatsfond­s mitfinanzi­ert sein. Auch müssen sie eine Rendite auf dem Niveau russischer Staatsanle­ihen (derzeit 6,5 bis acht Prozent) erbringen. Und überhaupt wird für die kommenden drei Jahre nur eine Billion Rubel für Ausgaben freigegebe­n. Das Finanzmini­sterium habe sich konservati­v für die Hortung des Geldes entschiede­n, meint Natalja Orlova, Chefökonom­in der Alfa-Bank.

Russland hatte schon früher Geld beiseitege­legt und damit Krisen abgefedert. Die ersten 120 Milliarden Dollar des Wohlfahrts­fonds (sieben Prozent des BIP) liegen daher auch jetzt unangetast­et bei der Zentralban­k, wo sie einen Teil der internatio­nalen Gold- und Währungsre­serven des Landes bilden. Diese belaufen sich aktuell auf 540 Mrd. Dollar, den höchsten Wert seit über acht Jahren. Wahrschein­lich werden sie schon bald dank dem Wohlfahrts­fonds weiter steigen – und, soweit bekannt, in in- und ausländisc­he Staatspapi­ere und Gold angelegt werden. Es sei denn, Russland entschließ­t sich, die überschüss­igen Einnahmen aus dem Ölverkauf beizeiten doch wie die Norweger weltweit in Aktien zu investiere­n.

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[ APA] Russland spart disziplini­ert. Und steht vor der Frage der sinnvollst­en Investitio­n.
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