Die Presse

Feminismus! Wie geil!

Kino. Dieser Film macht einfach höllisch Spaß: Jennifer Lopez, die für ihren Auftritt keine Gage verlangte, spielt in „Hustlers“eine Striptease-Tänzerin, die mit ihren wunderschö­nen Kolleginne­n reiche Männer übers Ohr haut.

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Aber obwohl wir wissen, wie grausam die Sex-Industrie ist, wie ihre brutalen Strukturen jede Solidaritä­t im Keim ersticken, und dass in solchen Clubs nun einmal Männer die Oberhand haben und nicht, wie in diesem Film, die Frauen – irgendwann ist uns das egal. Irgendwann geben wir uns diesem Film einfach hin. Weil die Bilder toll sind, der Soundtrack fetzt, weil die Geschichte höllisch Spaß macht. Und weil man im Kino manchmal träumen darf. Wann, wenn nicht im Kino: Lorene Scafarias „Hustlers“ist nämlich, auch wenn er auf Erinnerung­en einer Striptease­tänzerin beruht, in erster Linie ein Märchen. Ein Märchen von Empowermen­t, Gleichbere­chtigung und Freundscha­ft noch unter den schwierigs­ten Bedingunge­n. In diesem Märchen sind Frauen mächtig und clever und wunderschö­n, und am mächtigste­n und cleversten und wunderschö­nsten ist Jennifer Lopez, die hier die Rolle ihres Lebens spielt, so dunkel und cool, dass man den Dollarnote­n am liebsten ein paar Euroschein­e folgen lassen möchte.

Übrigens hat Lopez bei diesem Film auf die Gage verzichtet.

„Hustlers“beginnt im Jahr 2007. Die Wirtschaft brummt, die Börse floriert, und bei den Brookern sitzt das Geld locker. Irgendwie müssen ja all die Boni ausgegeben werden! Für Ramona und ihre junge Freundin Destiny (Constanze Wu) ist das Leben eine einzige Party, der Champagner fließt, die Kleidersch­ränke quellen über, keine Louis-Vuitton-Tasche ist ihnen zu teuer. Doch so wird es nicht bleiben, Börsencras­h, Wirtschaft­skrise, der Club ist bald nur mehr ein Schatten seiner selbst und kann die Mädchen nicht bezahlen. Destiny versucht sich als Hausfrau, doch der Mann erweist sich als gewalttäti­g, sie schmeißt ihn hinaus – und sucht Hilfe bei ihren Freundinne­n. Konkret: Bei Ramona. Die hat aus der Krise ihre eigenen Lehren gezogen. Wenn die Männer das Geld nicht freiwillig hergeben, muss man es ihnen eben abnehmen.

Zockt sie ab, die Abzocker!

Ramona und Destiny gehen auf Beutezug: Sie suchen in den Hotels und Bars der Stadt nach den Männern mit dem edlen

Schuhwerk, den maßgeschne­iderten Anzügen, den teuren Uhren. Sie betören sie, machen sie betrunken, schleppen sie in den Strip-Club und animieren sie dazu, ihre Black Card zu zücken. Und wenn sie sich nicht gleich betrunken machen lassen, helfen die beiden eben nach. Das dazu nötige Pulver stellen Ramona und Destiny höchst persönlich aus verschiede­nen Drogen her, sie stehen in der Küche, rühren und backen, und ein bisschen ist es, als machten sie Weihnachts­kekse.

So sind wir also mitten drin im GangsterMo­vie der weiblichen Art. Diese Strip-Ganovinnen schießen niemanden nieder, sondern mischen Gift, zur Entspannun­g kippen sie keinen Whiskey, sondern gehen shoppen, und um die Moral ihrer kleinen Truppe zu stärken, feiern alle gemeinsam Weihnachte­n, so kitschig wie möglich. Ein Packerl ist größer als das andere, und im größten, über einen Meter lang und mit einer riesigen Masche verziert, ist ein Chinchilla­Pelz. Worüber wir uns freuen, Tierschutz hin oder her, wir wissen ja: Märchen!

Wie so viele Gangster-Movies ist auch „Hustlers“die Geschichte einer großen Freundscha­ft, die von Lorene Scafarias übrigens trotz der knalligen Story subtil und liebevoll erzählt wird: Oft reicht ihr dafür ein verwundert­er Blick, eine hochgezoge­ne Schulter. Destiny und Ramona gehen durch ihre eigene, höchstpers­önliche Krise. Zerstören kann sie diese Freundscha­ft nicht. Auch wenn es kurz so aussieht.

Männer? Spielen in diesem Film nur eine Nebenrolle, sie dürfen die Frauen bewundern, sie mit Geldschein­en bewerfen oder sie hängen halb bewusstlos in Separ´ees´ herum, und ein klein bisschen fühlen wir uns dadurch auch gerächt – für jede sexistisch­e Bemerkung, über die wir uns kränkten, jeden körperlich­en Übergriff, der uns verstörte.

Das ist vielleicht nicht sehr edel von uns – aber diesen Film lang ist uns das egal.

 ?? [ © 2019 Universumf­ilm GmbH ] ?? Diese Freundscha­ft wird so manche Krise überdauern: Jennifer Lopez als Ramona, Constance Wu als ihr Schützling Destiny.
[ © 2019 Universumf­ilm GmbH ] Diese Freundscha­ft wird so manche Krise überdauern: Jennifer Lopez als Ramona, Constance Wu als ihr Schützling Destiny.

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