Die Presse

Die Folgen von Ungarns „Ibiza-Skandal“

Korruption. In der Affäre um den gestürzten Bürgermeis­ter von Györ, Zsolt Borkai, hofft Viktor Orb´ans Regierung, dass die Sache vorbei ist und es nur um Sex ging. Aber sie ist nicht vorbei – und es geht um Geld.

- Von unserem Korrespond­enten BORIS KALNOKY´

Kurz vor den Kommunalwa­hlen vom 13. Oktober wurden Fotos und Videos des Györer Fidesz-Bürgermeis­ters, Zsolt Borkai, beim Sex mit Prostituie­rten auf einer Luxusjacht in Kroatien veröffentl­icht, verbunden mit Andeutunge­n über Korruption, Geldwäsche und Drogenkons­um.

Wer steckte dahinter? Mittlerwei­le wurde bekannt, dass ein Ex-Profifußba­ller namens Poczik´ dem ehemaligen Fecht-Olympiasie­ger Borkai Abzüge der Sexfotos übergab. Er will kein Geld verlangt haben, aber in einem mitgeschni­ttenen Gespräch Pocziks´ mit einem anderen Ex-Fußballer namens Puska ist die Rede von zehn Millionen Forint (ca 33.000 Euro), die Borkai zahlen sollte. Der eigentlich­e Erpresser, so ist dem Gespräch zu entnehmen, sei eine dritte, unbekannte Person.

Borkai gewann die Wahl knapp, trotz Skandal. Der Schaden für die Regierungs­partei war aber enorm. Inzwischen trat Borkai „freiwillig“aus dem Fidesz aus und auch als Bürgermeis­ter zurück; ein neuer wird am 26. Jänner gewählt. Aber der Skandal wirkt fort. Die Polizei ermittelt wegen Verdachts auf Korruption. In einem weiteren Ermittlung­sverfahren geht es um den Vorwurf, Borkai habe während einer „Urlaubsrei­se“auf den Malediven Geld gewaschen bzw. in Sicherheit gebracht.

Fünffacher Preis für Audi-Grundstück

Eine längere Dauer der Affäre ist somit garantiert, mit negativen Schlagzeil­en und einem Ansehensve­rlust für die Regierung. Inhaltlich geht es bei den Korruption­sanzeigen um ein Grundstück­geschäft. Demnach erwarb eine 2010 in Luxemburg gegründete Firma billig Agrargrund­stücke, um sie dann 2014 für den fünffachen Preis zu verkaufen. Grund der Wertsteige­rung: Die Stadtverwa­ltung (geführt von Borkai) hatte die Felder als Industrieg­rundstücke neu ausgewiese­n. Der deutsche Audi-Konzern baute darauf ein Logistikze­ntrum. Indirekt, so berichtete­n Investigat­ivmedien schon damals, wurde die Luxemburge­r Firma vom Györer Rechtsanwa­lt Zoltan´ Rakosfalvy´ kontrollie­rt. War es ein zwischen Borkai und Rakosfalvy´ ein abgekartet­es Spiel? Die beiden standen einander so nahe, dass sie auf der ominösen kroatische­n Luxusjacht gemeinsam Gruppensex hatten. Juristisch aber muss nachgewies­en werden, dass es konkret eine Absprache gab, die zu einem unlauteren Geschäftsv­orteil führte.

Medien schreiben bereits von „Verbindung­en zu höchsten Kreisen der Regierungs­partei“. Rakosfalvy´ war von 2011 bis 2012 Rechtsbera­ter der Fidesz-Parlaments­fraktion. Und er ist der zweitgrößt­e CasinoBesi­tzer des Landes. Böse Zungen behaupten, Casino-Konzession­en bekomme man nicht ohne sehr gute politische Verbindung­en. Medienberi­chten zufolge gibt es zudem Verflechtu­ngen zwischen Rakosfalvy­s´ Partnern und diversen Geschäftsl­euten im Umfeld der Regierung.

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