Wie die ÖVP die Kirche links liegen lässt
Bei der Sonntagsöffnung sorgen die Türkisen für Proteste katholischer Laien. Was die SPÖ daraus lernen könnte. Gegenwind für Landeschef Gernot Blümel von eher unerwarteter Seite.
Wer ist stärker, ich oder ich? An die Abwandlung eines Johann-Nestroy-Zitats erinnert die Situation der Wiener ÖVP bei der Sonntagsöffnung. Wer ist stärker? Das unverzichtbar zur DNA der ÖVP gehörende christlich-soziale Element (immerhin war der Vorgänger ja die Christlichsoziale Partei) oder der wirtschaftsorientierte, liberale Flügel?
Die sonst unauffällige Katholische Aktion Wien, die Allianz von Laienorganisationen, hat sich zum Widerstand gegen eine aktuelle Kampagne der Wiener ÖVP durchgerungen. Präsident Walter sieht in der Forderung der Türkisen nach Tourismuszonen in Wien (das einzige Bundesland ohne) einen „vollkommen falschen Weg“. Im Ersten Bezirk, auf der Mariahilfer Straße und rund um Schloss Schönbrunn will es die ÖVP gestatten, an Sonn- und Feiertagen Geschäfte zu öffnen. Eine Unterschriftenaktion wurde gestartet.
Der katholische Aktivist Walter Rijs verknüpft und begründet in einem Schreiben seine Ablehnung mit dem Kampf gegen den Klimawandel: „Energiesysteme am siebenten Tag hinaufzufahren, ist die völlig falsche Richtung. Es geht bei der Energiewende auch um Energiesparen und weniger materiellen Konsum.“Er befürchtet nach Errichtung von Tourismuszonen eine Kettenreaktion mit mehr Lieferverkehr, privatem und öffentlichem Verkehr. Der Präsident mahnt Gernot
ohne diesen zu nennen: „Gerade christlich-soziale Politik muss in erster Linie jene im Blick haben, die die Nachteile einer Sonntagsöffnung zu tragen haben. Das sind meist Arbeitnehmerinnen.“
Wiens ÖVP hat sich für das Beibehalten der Linie auch bei Gegenwind entschieden. Was die SPÖ unter Pamela und Michael lernen sollte? Es kann hilfreich sein, sich aus der Umklammerung von Organisationen (Gewerkschaft!) zu befreien. Und: Wer es allen recht tun will, bringt oft kein rechtes Wahlresultat mehr zustande.