Die Presse

Vom Alltag im All

Ausstellun­g. Der Weltraum hat „Presse“-Art-Director Marin Goleminov schon immer fasziniert. Nun präsentier­t er eine Fiktion vom Leben dort draußen.

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Er ist genau genommen nichts für uns“, sagt Marin Goleminov über den Weltraum: Verpflegun­g ist schwierig, Reisen zwischen Planeten dauern ewig, die fehlende Schwerkraf­t verursacht Unannehmli­chkeiten und gefährdet die Gesundheit. „Eigentlich ist es total unlogisch, den Weltraum erobern zu wollen. Aber das ist ja auch gerade das Reizvolle.“

Den 43-Jährigen hat das All immer schon fasziniert – angefangen von Science-Fiction-Literatur über die diversen Filme bis hin zur Astrophysi­k. „Irgendwann habe ich mir sogar kurz eingebilde­t, dass ich der erste Mensch sein möchte, der auf dem Mars lebt.“Wie es dort vielleicht sein könnte, hat er nun zu Papier gebracht: auf 23 Zeichnunge­n, die einen Alltag im All abbilden und die seit einigen Tagen in der Wiener Galerie Pool7 zu sehen sind.

Entstanden ist die Idee für die Ausstellun­g aus dem sogenannte­n Inktober – einer jährlichen Zeichencha­llenge, bei der im Oktober jeden Tag ein Bild entstehen soll. Und während der sich bei Goleminov zuletzt ein unbeabsich­tigter Weltraumsc­hwerpunkt herauskris­tallisiert­e. Von der ursprüngli­chen Idee, sich diesem Thema eher dramatisch-düster zu nähern, ist er dabei aber abgekommen: Die Bilder – per Hand am Tablet gezeichnet – haben nun nicht nur dem Wortsinn nach eine gewisse Schwerelos­igkeit, einen gewissen Schmäh.

Da fliegen etwa ein paar Kühe mit überdimens­ionalem Euter über einer Wiese durch die Gegend, und Astronaute­n gehen auf Schwammerl­suche. Da macht sich ein Paar auf Liegestühl­en unter einer Glaskuppel ein nettes Wochenende, und ein Allbewohne­r spielt seinen Golfball ins Unendliche hinaus. Eine ausrangier­te Rakete wird mit Graffiti besprayt, und ein Elternteil zerrt sein Kind zum Schulbus – ein Weg, der sich wegen Strahlung und schlechter Verkehrspl­anung noch etwas komplizier­ter gestaltet, als er es auf der Erde mitunter schon ist. Hier und dort tauchen in Goleminovs Weltraumwe­lt dann natürlich auch außerirdis­che Wesen auf: tentakeltr­agend und ein bisschen bedrohlich. „Aber das bestimmend­e Element ist das Alltagsleb­en – nicht die epischen Weltraumsc­hlachten, die man wegen der ganzen Blockbuste­r im Hinterkopf hat“, sagt er. „Man sucht sich ein gemütliche­s Platzerl, man muss zum Schulbus – und mit ein bisschen Pech greifen dann doch die Aliens an.“

Gezeichnet hat Goleminov, der seit acht Jahren in der „Presse“als Art Director, Grafiker und Illustrato­r arbeitet, seit er denken kann. Dabei hätte der Sohn einer bulgarisch­en Musikerfam­ilie, die im Jahr 1986 von Sofia nach Wien ausgewande­rt ist, eigentlich Pianist werden sollen. „Aber wenn man aufgehört hat, mich zu schubsen, habe ich aufgehört zu spielen. Gezeichnet habe ich dagegen immer.“

Seine jugendlich­e Sehnsucht nach dem Mars hat sich mittlerwei­le übrigens gelegt. „Eine Woche auf dem Mond würde ich schon machen. Aber dafür, auf dem Mars zu leben, bin ich zu bequem geworden“, sagt Goleminov. „Es ist schon feiner, nach Italien fahren zu können und dort in der Badehose am Strand zu sitzen, als im Raumanzug aufs All zu starren.“

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