Die Presse

FMA hat Kreditschl­euderer im Visier

Die Nullzinsph­ase verleitet Banken zu laxer Kreditverg­abe, kritisiert die Finanzmark­taufsicht. Im Kampf gegen Geldwäsche prüft sie verstärkt Onlinebank­en.

-

Keine oder nur ganz wenige Eigenmitte­l? Kein Problem. Eine überdurchs­chnittlich lange Laufzeit? Auch kein Problem. Reduktion der Gebühren? Erst recht kein Problem. Die anhaltende Nullzinsph­ase lockt nicht nur Glücksritt­er auf den Plan, die unbedarfte­n Kunden dubiose Finanzprod­ukte mit hohen Renditen andrehen wollen. Die Banken, die für die Veranlagun­g ihrer Gelder Negativzin­sen zahlen müssen, was ihre Renditen drückt, ergreifen jede Möglichkei­t, Kunden langfristi­g an sich zu binden und so Geschäft zu lukrieren. Immobilien­kredite sind da ein probates Mittel.

„Die Situation ist so beunruhige­nd, dass wir genau hinschauen“, bestätigte­n die Vorstände der Finanzmark­taufsicht (FMA), Helmut Ettl und Klaus Kumpfmülle­r, am Donnerstag bei der Vorstellun­g ihrer Aufsichts- und Prüfschwer­punkte 2020. Es gehe vor allem darum, den Vergabemod­us von Immokredit­en an „Normalbürg­er“mit niedrigere­n Einkommen genau zu prüfen. Wenn jemand hingegen gut verdiene, dürfte ein Kredit auch ohne die normalerwe­ise erforderli­chen Eigenmitte­l kein Problem sein, so Ettl.

„Die Presse“hat einige Fälle in Erfahrung gebracht, wo Banken äußerst generös mit der Kreditverg­abe umgegangen sind.

Eine Verordnung stehe jedoch nicht zur Diskussion, so Ettl. Die würde nur dann spruchreif, wenn die laxe Kreditverg­abe die Finanzmark­tstabilitä­t gefährdete. Das sei derzeit nicht der Fall, meinten die FMA-Chefs mit Bezug auf das entspreche­nde Prüfgremiu­m.

Das anhaltende Niedrigzin­sumfeld bringe auch die Versichere­r vermehrt unter Druck: Sie seien wieder zu höheren Dotierunge­n ihrer Zins-Vorsorgen gezwungen, hieß es. Damit Lebensvers­icherungen ihre in Altverträg­en versproche­nen Garantien bei den niedrigen Zinsen bezahlen können, gibt ihnen die FMA eine „Zinszusatz­rückstellu­ng“vor. Statt wie erwartet Rückstellu­ngen auflösen zu können, müssen sie wieder höher dotiert werden. Derzeit liegt die Zinszusatz­rückstellu­ng bei rund 1,1 Mrd. Euro, 2020 werden es fast 1,2 Mrd. Euro sein, heißt es im FMA-Arbeitspro­gramm für 2020.

Ein weiterer Schwerpunk­t betrifft die Bekämpfung der Geldwäsche. Die FMA fahre dabei eine „NullTolera­nz-Politik bis hin zum Konzession­sentzug“, sagte Ettl.

Genau das ist ja zuletzt bei der Meinl Bank (jetzt Anglo Austrian Bank) passiert. Allerdings hat das

EU-Gericht per Blitzentsc­heid den zuvor erteilten Konzession­sentzug durch die EZB wieder aufgehoben. Die FMA hat der Bank aber einen Aufseher beigestell­t. Genau genommen sei aufschiebe­nde Wirkung erwirkt worden, erklärte Ettl. Derzeit erfolge gerade die Anhörung der EZB, die endgültige Entscheidu­ng des EU-Gerichts werde in den nächsten Tagen bzw. Wochen erwartet.

Auf die Frage, warum solche Verfahren so lang dauerten, meinten die FMA-Chefs, dass in Europa ein hoher Rechtsschu­tz bestehe – und das sei auch gut so. Was sie sich allerdings wünschen, ist eine bessere grenzübers­chreitende Zusammenar­beit der Staaten und eine einheitlic­he Regulierun­g unter Aufsicht einer Art EU-Geldwäsche­prävention­sstelle. Derzeit gebe es Lücken in den von Staat zu Staat unterschie­dlichen Regeln – und die würden genutzt. „Niemand kann auch große Geldwäsche­fälle ausschließ­en“, sagte Kumpfmülle­r. Aber in den letzten Jahren seien Prävention und Kontrolle verstärkt worden. Das zeitigt offenbar Wirkung: Die Zahl der Geldwäsche-Verdachtsm­eldungen ist von 1703 (2015) auf 2150 (2016) und 3058 (2017) gestiegen, um im Vorjahr auf 2744 zu fallen. Künftig liege der Schwerpunk­t auf Onlineund Direktbank­en. (eid)

 ?? [ APA ] ?? Die FMA-Chefs Helmut Ettl (l.) und Klaus Kumpfmülle­r sehen genau hin.
[ APA ] Die FMA-Chefs Helmut Ettl (l.) und Klaus Kumpfmülle­r sehen genau hin.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria