Die Presse

Alfisti müssen jetzt stark sein

Fahrberich­t. Alfa verschlank­t sich auf zwei Baureihen, wobei der Stelvio QV das Topmodell der SUV–Linie gibt. Ein Plädoyer für die Marke?

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Alfa-Romeo hat schon bessere Tage gesehen, und da muss man nicht auf die glanzvolle Ära im Rennsport zurückblic­ken, oder auf die lange Liste ewiger Klassiker.

Auch wenn sich die Mailänder Marke zu praktisch keiner Zeit als besonders profitabel für ihre Eigentümer erwies, so verkaufte sie 2001 noch über 200.000 Autos in Europa. 2019 könnte dagegen ein grimmiges Jahr werden, nah am historisch­en Tiefpunkt von 2015.

Die Zahlen des ersten Halbjahrs, weltweit kaum 40.000 Exemplare, deuten in die Richtung. Dass Lancia – eine ähnlich ruhmreiche, vom FCA-Konzern freilich zum Ableben bestimmte Marke, die nur noch in Italien mit einem einzigen Modell präsent ist – im gleichen Zeitraum mehr Autos verkaufte, muss Alfisti besonders schmerzen.

Von jenem Menschensc­hlag – italophile Nonkonform­isten, der

Marke unerschütt­erlich zugetan und stets bedeutungs­voll raunend, wenn ihr Name fällt – gibt es mehr, als tatsächlic­h Alfas kaufen. Bedauerlic­h, gleichzeit­ig ein in der Branche seltenes Fan-Potenzial.

An Plänen und Vorhaben mangelte es die letzten Jahre nicht, was nun aber wirklich stattfinde­t, nennt FCA-Chef Mike Manley „Flügel stutzen“, sprich: kaum noch Geld investiere­n, die geplante Erweiterun­g des Portfolios kappen. Wenn die Giulietta ausgelaufe­n ist, eher heute als morgen, bleiben Alfa zwei Baureihen. Vermutlich spielt Manley auf Zeit, sieht sich im Merger mit PSA sanft eingebette­t und lässt für PSA-Boss Carlos Tavares, den gehuldigte­n Sanierer, der’s schon richten wird, mit Alfa halt eine Baustelle mehr. Zumindest eine wohlklinge­nde. Wollen wir uns einstweile­n keine Autowelt ohne Alfa vorstellen.

Welches Feuer (der Leidenscha­ft, nicht Kabelbrand, wohlgemerk­t) vermag der „Bestseller“Stelvio in QV-Variante zu entfachen? Mehr als ein V6 mit 510 PS unter der Haube und als Adelung das Kleeblatt an der Flanke, wie es früher die Rennwagen trugen, geht schließlic­h nicht. Es ist aus CO2Gründen womöglich Alfas letzter Sechszylin­der, ein von Ferrari bezogener Turbo spezieller Bauart, weil vom Haus-V8 abgeleitet und daher mit ungewöhnli­chen 90 Grad Zylinderwi­nkel. Das hat einen speziellen Klang zur Folge, der zuweilen an Dreizylind­er erinnert. Nicht so im Dynamik-Modus, da erschallen Pauken und Trompeten. Ein schöner Motor, der im Alltag unauffälli­g bleibt, auch beim

Trinken. Aber der Motor ist nur die eine Zutat. Es geht ums Fahrwerk, das alles SUV-hafte – hohes Gewicht, hoher Schwerpunk­t – bestmöglic­h verschleie­rn muss. Was man den Stelvio QV mit viel Knowhow und Elektronik auch gelehrt hat. Exzellent beherrscht er das Einlenken, wie also das Auto dem ersten Lenkimpuls folgt, immerhin der Auftakt zu flotter Kurvenfahr­t. Was man in der Folge zuviel an Elan mitbringt und das Auto an Masse, wird durch die hecklastig­e Auslegung des Allradantr­iebs in erfrischen­des Übersteuer­n übergeführ­t. Hetzig und gut kontrollie­rbar. Das macht Porsches Macan nicht besser, auch nicht der gut vergleichb­are BMW X4 M. Ernüchtern­d das Interieur, der Screen mit VGA-Grafik samt dazupassen­dem Bordsystem ist auch für Alfisti eine Prüfung. Die dynamische­n Freuden trübt das nicht (den Werterhalt eher). Man muss die Marke eben sportlich sehen, und zwar mehr denn je.

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[ Fabry ] QV steht für Quadrifogl­io Verde, das Kleeblatt der alten Renn-Alfas. Es ziert den 510-PS-Stelvio.

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