30 verlorene Jahre für den Klimaschutz
Fand vor 31 Jahren in Toronto statt. Eine ganze Generation hat versagt, die Emissionsreduktion zu beginnen.
Herbst 2019: Hochwasser in Venedig, Hangrutschungen in den Alpen, die bisher bewohnte Gebiete unbewohnbar machen: Sind das die Menetekel, die die Natur uns an die Wand malt? Ein Vergleich kann helfen, diese Frage zu beantworten.
Die Entwicklung der Menschheit lässt sich vergleichen mit einer Eisenbahnfahrt durch die Zeit. Die Schienen sind seit Jahrzehnten und für Jahrzehnte gelegt. Der Zug hat viele Waggons. Jeder Waggon symbolisiert ein Sachthema wie Bildung, Wirtschaft, Frauenrechte, Umwelt, Forschung, Digitalisierung usw. In jedem Waggon bemühen sich Menschen, in ihrem Sachgebiet die Entwicklung voranzutreiben, zu optimieren. Doch kaum jemand stellt die Frage, wohin die Reise geht, welche Kräfte den Zug antreiben. Die Antwort bezüglich der Antriebskräfte liegt auf der Hand: Es ist das fossil-atomare Energiesystem. Dieses deckt seit Jahrzehnten mehr als 80 Prozent des Energiebedarfs und sorgt damit im physikalischen Sinn für den Antrieb des Zuges.
Vor etwa 35 Jahren, in den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts, kamen zuerst in wissenschaftlichen Kreisen, dann in der Gesellschaft und Politik Zweifel auf, ob die Gleise richtig gelegt sind, die Antriebskräfte stimmen. Messergebnisse zeigten, dass der Gehalt an CO2 in der Atmosphäre rapid zu steigen begann. Naturwissenschaftler wiesen darauf hin, dass dies zu einer schrittweisen Erwärmung des Planeten führen würde mit unklaren Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der Menschheit. Motiviert durch öffentliche Debatten griff die Politik das Thema auf und berief 1988 eine erste große Klimakonferenz in Toronto ein. Dort wurde beschlossen, dass die Industrieländer ihre CO2-Emissionen bis 2005 um 20 Prozent senken müssen, um die drohende Erderwärmung zu verhindern. Der Beschluss sah allerdings keine Sanktionen vor.
Dieser Beschluss bedeutete, dass für diese Eisenbahnfahrt ein neuer Gleiskörper mit einem neuen Antriebssystem ohne fossile Energieträger zu bauen ist. In den Augen vieler konnte diese neue Antriebskraft nicht die Atomenergie sein, sondern der Energiestrom, den die Sonne in verschwenderischer Fülle kontinuierlich auf die Erde schickt. Als die Industrieländer in Toronto tagten, war klar, dass diese Umstellung zumindest die Zeitspanne von zwei Generationen erfordern wird.
Doch was geschah in den 31 Jahren seit Toronto? Die Industrieländer haben ihre Beschlüsse nicht ernst genommen. Österreich zum Beispiel: Im Jahr 2005 waren die Emissionen um fast 50 Prozent höher als in Toronto beschlossen. Die Wissenschaft war alarmiert. So kam es 1997 zur Konferenz in Kyoto. Dort wurden wieder Reduktionsbeschlüsse für die Industrieländer gefasst, diesmal mit