„Warnstufe drei wird unterschätzt“
Wintersport. Nach den ersten Lawinen kann es weiter kritisch sein. Nicht zuletzt, weil es am Wochenende schönes Wetter gibt.
Nach den ersten Lawinen kann es in den Bergen weiter kritisch sein.
„Wir haben viel Glück gehabt, dass es keine Toten gegeben hat“, sagt der Tiroler Lawinenexperte Rudi Mair. Denn mit den ersten ordentlichen Schneefällen in diesem Winter kamen über die Feiertage die ersten Lawinen.
In Sölden wurde ein Wintersportler teilweise von den Schneemassen verschüttet, in Vorarlberg wurde ein Skitourengeher von seinen Begleitern ausgegraben, in der Steiermark am Christtag ein Tourengeher nach fünf Stunden unter einer Lawine unverletzt geborgen. Und nachdem Hunderte Retter am Donnerstag nach drei Lawinenabgängen im Skigebiet Ankogel in Kärnten nach möglichen Verschütteten suchten, ist das Skigebiet am Freitag wieder geöffnet worden: Vier Sportler waren hüfttief verschüttet worden.
In höheren Lagen Stufe drei
„Wir sind in Oberkärnten auf Gefahrenstufe drei von fünf“, sagt Wilfried Ertl, der Leiter des Kärntner Lawinenwarndienstes im Gespräch mit der „Presse“. „Das heißt nichts anderes, als dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die geringe Zusatzbelastung eines einzelnen Wintersportlers ausreicht, um ein Schneebrett auszulösen.“
In Tirol hat die Lawinengefahr über die Weihnachtsfeiertage etwas nachgelassen und ist – von zuvor vier – in den meisten Bereichen über 2000 Metern ebenfalls auf Warnstufe drei zurückgegangen. „Es wird bei drei bleiben“, prognostiziert Rudi Mair, der den dortigen Lawinenwarndienst leitet, für das Wochenende. „Wobei Stufe drei insofern eine kritische ist, als sie sicher unterschätzt wird.“Zwei
Drittel der Lawinenunfälle passieren laut Mair bei Warnstufe drei – die rund an einem Drittel der Tage ausgegeben wird.
„Was mir ein bisschen Sorgen macht, ist, dass das Wochenende sehr schön wird. Nach meiner Erfahrung sind die ersten schönen Tage nach einer Schneefall-SturmPeriode besonders kritisch: Jeder will in den frischen Tiefschnee hineinfahren“, sagt Mair. Mit dem Wochenende und den Ferien seien zudem besonders viele Wintersportler unterwegs. „Da passieren besonders gern Lawinenunfälle, weil viel mehr Leute unterwegs sind. Das hat weniger mit der Lawinensituation an sich zu tun, es kommen mehrere
Risikofaktoren zusammen.“Mairs Empfehlung für das Wochenende: „Unerfahrene sollten bitte auf den gesicherten Pisten bleiben.“Wer Erfahrung habe, der könne die Situation beim Skitourengehen einschätzen. „Aber man muss sich einfach auskennen. Man braucht lawinenkundliches Wissen.“
Wilfried Ertl in Kärnten ist sogar noch strenger. „Die Empfehlung ist ganz einfach: die gesicherten Pisten nicht zu verlassen und nicht sofort am ersten schönen Tag die erste Spur in einen unverspurten Hang fahren zu müssen.“Nachsatz: „Das kann man aber den genusssüchtigen Freeridern und Skitourengehern nicht beibringen.“