Lächerliches Knusperhäuschen
Staatsoper. Unansehnliche Inszenierung, keine Orchesterproben: einige Enttäuschung bei der Serie von Humperdincks „Hänsel und Gretel“.
Wenn Geschichten oder gar Märchen hölzern erzählt beziehungsweise verkrampft interpretiert werden, dann kann nicht viel dabei herauskommen. Andrerseits könnte es jedem seriösen Opernhaus zur Ehre gereichen, „Hänsel und Gretel“zum allergrößten Teil aus dem eigenen Ensemble besetzen zu können. Das schließt wenigstens aus, dass Rollen überbesetzt werden. So versuchte die Staatsoper ihre weihnachtliche Humperdinck-Serie mit allerlei Hypotheken.
Die unansehnliche Inszenierung von Adrian Noble von 2015 ähnelt eher einer Grottenbahn und kann wohl kaum die Fantasie eines jungen Publikums beflügeln. Hier der zum Kitsch aufgeblasene Abendsegen (Unmengen von weißen Luftballons stören diese innige und berührende Musik), dort die szenischen Pleiten im dritten Bild: ein lächerliches Knusperhäuschen in Miniformat und dann der missglückte Hexentanz. Theater sollte Imagination anbieten, bei einem Märchen darf die dazugehörige Naivität jedoch nicht lächerlich gemacht werden. „Hänsel und Gretel“haben ja schon darunter zu leiden, dass sie gemeinhin als Einstiegsoper für den jüngsten Nachwuchs gelten. Humperdincks kostbare Musik eignet sich mit seinem wagnerischen Jargon dafür jedoch herzlich wenig. Sie ist nicht leicht zu hören – und noch schwerer zu spielen.
Den Zwängen eines Repertoirebetriebs ist es geschuldet, dass es nun keine Orchesterprobe dafür gab. Das wahrscheinlich weltbeste Opernorchester hatte das diffizile Werk aus dem Handgelenk und aus dem Bauch zu spielen, wodurch natürlich über so manche Feinheiten der Struktur und der Instrumentation drübergebügelt wurde. Dirigent Toma´sˇ Hanus bemühte sich zwar nach Kräften um Bögen und Phrasen, vieles jedoch gelang nur zu laut und gedroschen.
Unter solchen Umständen haben die Sänger kein leichtes Leben, obwohl sie durchwegs ein größeres Problem haben: den Text halbwegs verständlich über die Rampe zu bringen. Stephanie Houtzeel ist eine biedere Mutter Gertrud, Boaz Daniel ein polternder Besenbinder (obwohl er schon 20 Jahre am Haus ist, klingt sein Deutsch nur nach einer Fremdsprache), Monika Bohinec eine total harmlose Knusperhexe, Margaret Plummer ein plumper Hänsel. Unscheinbar Sandmännchen und Taumännchen von Ileana Tonca. Bescheidener Lichtblick: das Gretel-Debüt von Andrea Carroll, der aber noch viele lyrische Qualitäten fehlen.
So traurig der Gesamteindruck ist, in Wien spielen stets Erinnerungen mit: Thielemann hatte sich diese Produktion einst gewünscht, war aber nur zu vier Dirigaten bereit. Karl Dönch war eine legendäre Knusperhexe, seine Inszenierung ist zum Glück an der Volksoper immer noch zu sehen.