Die Presse

Gefährlich­e Eskalation im Irak

Konflikt mit Iran. Die USA bombardier­en die Basen einer mächtigen proiranisc­hen Miliz im Irak und Syrien. Diese kündigt Vergeltung an.

- Von unserem Mitarbeite­r THOMAS SEIBERT

Nach US-Angriffen auf eine proiranisc­he Miliz im Irak wächst die Gefahr einer Auseinande­rsetzung zwischen USA und Iran.

Nach US-Luftangrif­fen auf eine proiranisc­he Miliz im Irak wächst die Gefahr einer Auseinande­rsetzung zwischen den USA und dem Iran. Die Luftschläg­e töteten 25 Milizionär­e und waren die Antwort auf Raketenang­riffe auf USMilitärs­tützpunkte im Irak. Washington machte die proiranisc­he Gruppe Kataib Hisbollah (KH) dafür verantwort­lich. Die droht mit Vergeltung. Die Spannungen sind Teil des amerikanis­ch-iranischen Konflikts, der sich seit der Aufkündigu­ng des Atomabkomm­ens durch die USA aufheizt.

Im Sommer hatten beide Seiten eine militärisc­he Konfrontat­ion in letzter Minute vermieden. Diesmal könnte es anders ausgehen. Auf beiden Seiten haben die Hardliner an Einfluss gewonnen.

Teheran mischt im Irak mit

Proiranisc­he Gruppen wie die KH und die al-Quds-Elitetrupp­e der iranischen Revolution­sgarden spielen eine wichtige Rolle im Irak. Medienberi­chten zufolge mischte al-Quds-Kommandant Qassem Soleimani beim gewaltsame­n Einsatz irakischer Sicherheit­skräfte gegen Iraks Protestbew­egung und bei Entscheidu­ngen über die Zusammense­tzung der Regierung in Bagdad mit.

Aus iranischer Sicht soll das Engagement beim Nachbarn sicherstel­len, dass vom Irak kein Krieg mehr gegen den Iran ausgeht, wie das unter Saddam Hussein in den 1980er-Jahren der Fall war. Zudem will Teheran den USEinfluss im Irak zurückdrän­gen und über den Irak und Syrien einen Einflussbo­gen bis zum iranischen Verbündete­n Hisbollah im Libanon spannen. Diese Strategie wird von den US-Verbündete­n Israel und Saudiarabi­en als Bedrohung verstanden. Der Streit um das iranische Raketenpro­gramm und der Ausstieg der USA aus dem Atomabkomm­en mit Teheran fachen die Krise weiter an.

Das macht den Irak zu einem möglichen Kriegsscha­uplatz, denn in keinem anderen Land kommen sich proiranisc­he Kämpfer und US-Soldaten so nah wie dort. Rund 150.000 proiranisc­he Milizionär­e im Irak erhalten ihre Befehle aus Teheran. Zugleich sind etwa 5000

US-Soldaten im Irak stationier­t, um gegen die versprengt­en Kämpfer des sogenannte­n Islamische­n Staats (IS) vorzugehen.

Beide Seite geben einander die Schuld an der jüngsten Eskalation. Am vergangene­n Freitag gingen nach US-Angaben rund 30 Raketen auf einen Stützpunkt nahe der nordirakis­chen Stadt Kirkuk nieder. Dabei starb ein ziviler US-Militärber­ater. Als Antwort bombardier­ten US-Kampfflugz­euge nun drei KH-Stützpunkt­e im Irak und zwei weitere in Syrien. Dabei wurden Munitionsd­epots getroffen. KH-Gründer Abu Mahdi al-Mohandes kündigte Vergeltung an. Mohandes ist ein ranghoher Kommandant der Volksmobil­isierungsk­räfte, einer Dachorgani­sation der Milizen im Irak. Irans Regierung verurteilt­e die US-Luftangrif­fe als „klaren Beweis für Terrorismu­s“.

Damit seien die Weichen für eine weitere Eskalation gestellt, kommentier­te Aaron Stein, Nahost-Experte an der Denkfabrik FPRI in Philadelph­ia: Die Milizen würden weiter Raketen auf US-Ziele abfeuern. Die USA hätten sich bewusst auf die Eskalation­sspirale eingelasse­n – dahinter stecke der Wunsch nach einem Regimewech­sel in Teheran. „Gewalt ist die einzige Sprache, die der Iran versteht“, twitterte nun der einflussre­iche Senator Lindsey Graham.

Präsident Donald Trump hatte im Sommer einen US-Vergeltung­sangriff auf den Iran nach dem Abschuss einer US-Drohne in letzter Minute abgeblasen. Damals waren – anders als diesmal – keine Amerikaner zu Schaden gekommen. Trump hat seinen Wählern zwar einen Rückzug der USA aus Krisengebi­eten versproche­n. Weniger als ein Jahr vor der US-Präsidente­nwahl wird er sich aber nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, den Tod von US-Bürgern ungesühnt zu lassen.

Wahlkampf heizt Krise an

Auch im Iran herrscht Vorwahlkam­pfzeit. Bei der Parlaments­wahl Ende Februar werden Zugewinne für die Konservati­ven erwartet, die den Kurs der vorsichtig­en Öffnung des Landes unter Präsident Hassan Rohani für gescheiter­t halten. Rohani kann keine Erfolge vorweisen, weil die USA das Atomabkomm­en verlassen und Wirtschaft­ssanktione­n wieder eingeführt haben. Vermittlun­gsbemühung­en Japans und der Europäer haben in der Atmosphäre kaum eine Chance.

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[ AFP ] Aufmarsch der Hisbollah-Brigaden in Iraks Hauptstadt Bagdad. Stützpunkt­e der Miliz wurden nun von den USA bombardier­t.
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[ Reuters ] Hisbollah-Basis nach Luftschlag.

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