Gefährliche Eskalation im Irak
Konflikt mit Iran. Die USA bombardieren die Basen einer mächtigen proiranischen Miliz im Irak und Syrien. Diese kündigt Vergeltung an.
Nach US-Angriffen auf eine proiranische Miliz im Irak wächst die Gefahr einer Auseinandersetzung zwischen USA und Iran.
Nach US-Luftangriffen auf eine proiranische Miliz im Irak wächst die Gefahr einer Auseinandersetzung zwischen den USA und dem Iran. Die Luftschläge töteten 25 Milizionäre und waren die Antwort auf Raketenangriffe auf USMilitärstützpunkte im Irak. Washington machte die proiranische Gruppe Kataib Hisbollah (KH) dafür verantwortlich. Die droht mit Vergeltung. Die Spannungen sind Teil des amerikanisch-iranischen Konflikts, der sich seit der Aufkündigung des Atomabkommens durch die USA aufheizt.
Im Sommer hatten beide Seiten eine militärische Konfrontation in letzter Minute vermieden. Diesmal könnte es anders ausgehen. Auf beiden Seiten haben die Hardliner an Einfluss gewonnen.
Teheran mischt im Irak mit
Proiranische Gruppen wie die KH und die al-Quds-Elitetruppe der iranischen Revolutionsgarden spielen eine wichtige Rolle im Irak. Medienberichten zufolge mischte al-Quds-Kommandant Qassem Soleimani beim gewaltsamen Einsatz irakischer Sicherheitskräfte gegen Iraks Protestbewegung und bei Entscheidungen über die Zusammensetzung der Regierung in Bagdad mit.
Aus iranischer Sicht soll das Engagement beim Nachbarn sicherstellen, dass vom Irak kein Krieg mehr gegen den Iran ausgeht, wie das unter Saddam Hussein in den 1980er-Jahren der Fall war. Zudem will Teheran den USEinfluss im Irak zurückdrängen und über den Irak und Syrien einen Einflussbogen bis zum iranischen Verbündeten Hisbollah im Libanon spannen. Diese Strategie wird von den US-Verbündeten Israel und Saudiarabien als Bedrohung verstanden. Der Streit um das iranische Raketenprogramm und der Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit Teheran fachen die Krise weiter an.
Das macht den Irak zu einem möglichen Kriegsschauplatz, denn in keinem anderen Land kommen sich proiranische Kämpfer und US-Soldaten so nah wie dort. Rund 150.000 proiranische Milizionäre im Irak erhalten ihre Befehle aus Teheran. Zugleich sind etwa 5000
US-Soldaten im Irak stationiert, um gegen die versprengten Kämpfer des sogenannten Islamischen Staats (IS) vorzugehen.
Beide Seite geben einander die Schuld an der jüngsten Eskalation. Am vergangenen Freitag gingen nach US-Angaben rund 30 Raketen auf einen Stützpunkt nahe der nordirakischen Stadt Kirkuk nieder. Dabei starb ein ziviler US-Militärberater. Als Antwort bombardierten US-Kampfflugzeuge nun drei KH-Stützpunkte im Irak und zwei weitere in Syrien. Dabei wurden Munitionsdepots getroffen. KH-Gründer Abu Mahdi al-Mohandes kündigte Vergeltung an. Mohandes ist ein ranghoher Kommandant der Volksmobilisierungskräfte, einer Dachorganisation der Milizen im Irak. Irans Regierung verurteilte die US-Luftangriffe als „klaren Beweis für Terrorismus“.
Damit seien die Weichen für eine weitere Eskalation gestellt, kommentierte Aaron Stein, Nahost-Experte an der Denkfabrik FPRI in Philadelphia: Die Milizen würden weiter Raketen auf US-Ziele abfeuern. Die USA hätten sich bewusst auf die Eskalationsspirale eingelassen – dahinter stecke der Wunsch nach einem Regimewechsel in Teheran. „Gewalt ist die einzige Sprache, die der Iran versteht“, twitterte nun der einflussreiche Senator Lindsey Graham.
Präsident Donald Trump hatte im Sommer einen US-Vergeltungsangriff auf den Iran nach dem Abschuss einer US-Drohne in letzter Minute abgeblasen. Damals waren – anders als diesmal – keine Amerikaner zu Schaden gekommen. Trump hat seinen Wählern zwar einen Rückzug der USA aus Krisengebieten versprochen. Weniger als ein Jahr vor der US-Präsidentenwahl wird er sich aber nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, den Tod von US-Bürgern ungesühnt zu lassen.
Wahlkampf heizt Krise an
Auch im Iran herrscht Vorwahlkampfzeit. Bei der Parlamentswahl Ende Februar werden Zugewinne für die Konservativen erwartet, die den Kurs der vorsichtigen Öffnung des Landes unter Präsident Hassan Rohani für gescheitert halten. Rohani kann keine Erfolge vorweisen, weil die USA das Atomabkommen verlassen und Wirtschaftssanktionen wieder eingeführt haben. Vermittlungsbemühungen Japans und der Europäer haben in der Atmosphäre kaum eine Chance.