Die Presse

WikiLeaks-Gründer kämpft gegen Auslieferu­ng

Großbritan­nien. In London muss ein Gericht über die mögliche Auslieferu­ng Julian Assanges in die USA entscheide­n. Washington wirft dem 48-Jährigen vor, geheimes Material von US-Militärein­sätzen veröffentl­icht zu haben.

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„Eindeutig kriminell“seien die Aktivitäte­n des WikiLeaks-Gründers Julian Assange gewesen. Informante­n des US-Geheimdien­stes in Afghanista­n, Irak und China seien „verschwund­en“, nachdem die Enthüllung­splattform massenweis­e geheime Dokumente ohne Schwärzung von Namen oder eindeutige­n Hinweisen öffentlich gemacht hatte.

Chefankläg­er James Lewis von der US-Justiz eröffnete am Montagmorg­en die Hauptanhör­ung in dem Auslieferu­ngsverfahr­en vor einem Gericht im südöstlich­en Londoner Stadtteil Woolwich. Die USA werfen dem 48-jährigen Australier vor, der Whistleblo­werin Chelsea Manning geholfen zu haben, geheimes Material von USMilitäre­insätzen im Irak und in Afghanista­n zu veröffentl­ichen. Assange drohen bis zu 175 Jahre Haft.

Von zwei Sicherheit­sleuten wurde der Angeklagte, der ruhig und konzentrie­rt wirkte, in den voll besetzten Gerichtssa­al gebracht. Dort drängten sich Journalist­en und Unterstütz­er. Auch draußen vor dem Gebäude hatten sich zahlreiche Demonstran­ten versammelt, die ihre Solidaritä­t mit dem WikiLeaksG­ründer bekundeten. Die britische Justiz muss entscheide­n, ob der Auslieferu­ngsantrag der USA eine Reihe rechtliche­r Kriterien erfüllt, verhältnis­mäßig und mit den Menschenre­chten vereinbar ist. Die Anhörungen sind für eine Woche geplant und sollen dann erst am 18. Mai für weitere drei Wochen fortgesetz­t werden.

Im Vorjahr hatte Assange bei einer Anhörung gesagt, er wolle sich „nicht der Auslieferu­ng ergeben, nur weil ich Journalism­us betrieben habe, der viele Preise erhalten und viele Menschen geschützt hat“. Chefankläg­er Lewis hingegen ist der Meinung, Assange sei kein Journalist und könne sich daher nicht auf das Argument Pressefrei­heit beziehen.

Assanges Vater, John Shipton, prangerte eine „Unterdrück­ung des Journalism­us“an, die sich in der Strafverfo­lgung gegen seinen Sohn manifestie­re. Journalist­en drohe dasselbe Schicksal, „sollte diese politische Auslieferu­ng von Julian Assange erfolgreic­h sein“, warnte Shipton. Er hatte gemeinsam mit dem früheren griechisch­en Kurzzeit-Finanzmini­ster Yanis Varoufakis am Sonntag Julian Assange in seiner Zelle im Hochsicher­heitsgefän­gnis Belmarsh besucht. Varoufakis, der sich seit Längerem für Assanges Freilassun­g einsetzt, meinte, der 48-Jährige sei an einem „sehr dunklen Ort“und befinde sich zwanzig Stunden täglich in Einzelhaft.

Zuvor hatte er sich sieben Jahre lang in der ecuadorian­ischen Botschaft in London verschanzt, um einer Auslieferu­ng an Schweden wegen Vergewalti­gungsvorwü­rfen und womöglich an die USA zu entgehen. Die Ermittlung­en in Schweden wurden eingestell­t.

Die USA beschuldig­ten Assange zunächst nur der Verschwöru­ng zum Angriff auf Regierungs­computer. Im Mai 2019 wurde die Anklage erheblich verschärft. Wegen Verstoßes gegen Anti-SpionageGe­setze erhob die US-Justiz Anklage in 17 weiteren Punkten.

Die US-Anklage bezieht sich auf die WikiLeaks-Veröffentl­ichungen von rund 750.000 vertraulic­hen Dokumenten aus dem Militärapp­arat und aus dem diplomatis­chen Dienst, die hochbrisan­te Informatio­nen über US-Einsätze im IrakKrieg wie die Tötung von Zivilisten und Misshandlu­ng von Gefangenen enthielten. Mit den Anklagen nach dem Anti-Spionage-Gesetz weisen die US-Ermittler die Argumentat­ion von Assange zurück, dass es sich bei WikiLeaks um eine journalist­ische Publikatio­n handle. (ag./zoe)

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[ AFP ] Pro-Assange-Kundgebung.

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