Die neuen Gesichter der Stamford Bridge
Champions League. Als Chelsea-Kapitän fügte Frank Lampard den Bayern die wohl bitterste Niederlage ihrer Vereinsgeschichte zu. Als Trainer der Londoner hat er nun eine Not zur Tugend gemacht – und trifft wieder auf die Münchner.
David Alaba saß wegen einer Gelbsperre auf der Tribüne der Allianz-Arena, aber was sich da vor seinen Augen abspielte, ging als einer der bittersten Abende überhaupt in die Vereinsgeschichte des FC Bayern ein.
Dabei war München in Festlaune an diesem 19. Mai 2012, dem Tag des Champions-League-Finales. Es war das „Finale dahoam“, und der Gegner, der FC Chelsea, schien für die Mannschaft von Jupp Heynckes zwar unbequem, aber schlagbar zu sein. Hier Franck Ribery,´ Arjen Robben, Bastian Schweinsteiger und der damals 22-jährige Thomas Müller. Dort die alte Chelsea-Garde, angeführt von Kapitän Frank Lampard und Didier Drogba. „Es war eine verrückte Reise“, erinnert sich Lampard. „Wir haben irgendwie auf Autopilot geschaltet.“
Nach 80 Minuten stand es 0:0, kein Fußball zum Genießen, aber spannend. Dann traf Müller (83.), Drogba glich aus (88.) und Robben vergab für die Bayern in der Nachspielzeit einen Foulelfmeter. „Das war der Moment, in dem du denkst, das Schicksal dreht sich in deine Richtung“, meint Lampard im Rückblick. Im Elferschießen versagten Ivica Olic´ und Schweinsteiger die Nerven, Lampard hingegen traf, Drogba vollendete Chelseas Triumphabend.
Nun fordert Lampard die Bayern im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League erneut heraus (21 Uhr, live Sky). Dieses Mal als
Trainer des FC Chelsea. Die Stamford Bridge ist seine erst zweite Station, und hier hat der 41-Jährige aus der Not eine Tugend gemacht.
Für zwei Transferzeiten war Chelsea von der Fifa gesperrt, weil der Klub minderjährige Talente heimlich an sich gebunden hatte. Lampard, seit Juli 2019 im Amt, füllte den Kader also mit Nachwuchsspielern auf und ließ sie munter drauflos stürmen. Tammy
Abraham, 22, Mason Mount, 21, Fikayo Tomori, 22, Callum Hudson-Odoi, 19, und der US-Amerikaner Christian Pulisiˇc,´ 21, sind zu Schlüsselspielern aufgestiegen.
Die junge Mannschaft war ein Wagnis für Lampard in seiner ersten Saison als Chelsea-Coach, doch als Vereinslegende nahm er den Druck von seinen Youngsters. In der Premier League liegt man auf Platz vier, am Wochenende wurde Tottenham 2:0 geschlagen.
Offen ist, ob Lampard (Vertrag bis 2022) diesen Weg weitergehen wird. Im Winter durfte Chelsea wieder einkaufen, man sicherte sich die Dienste von Ajax-Star Hakim Ziyech, 26, ab Sommer 2020. Lampards Philosophie hat dem Klub jedenfalls viel Sympathie eingebracht. Mit Roberto di Matteos Defensivtaktik im ChampionsLeague-Finale 2012 hat Chelseas Spiel nichts mehr gemein. (joe)