Die Presse

Deutschlan­d ist noch zu Angela Merkel verdammt

In Thüringen fand mit Ramelow vor fünf Jahren statt. CDU muss neu definieren, was die Mitte ist.

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Die Ära Merkel geht zu Ende, und das ist auch gut so“, schrieb einer der erbitterts­ten Gegner der Kanzlerin, der linke Politologe Wolfgang Streeck, ausgerechn­et in der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“schon nach der jüngsten Bundestags­wahl im Herbst 2017. Das ist jenes Blatt, in dem Angela Merkel seinerzeit in einem großen Artikel Helmut Kohl zum Rücktritt aufgeforde­rt und damit dessen politische­s Ende besiegelt hatte.

Seither sind über zwei Jahre vergangen, und Merkels Zeit ist noch längst nicht abgelaufen. Sie ist immer noch Kanzlerin und wird es weitere eineinhalb Jahre bleiben. Das kann in der Politik eine unendlich lange Zeit sein. Selbst wenn sie wollte, kann sie nicht gehen und einem Nachfolger übergeben, weil es dazu keine verfassung­smäßige Möglichkei­t ohne die Zustimmung des Koalitions­partners SPD gibt. Zugleich steht sie aber einem Neuanfang in ihrer Partei im Wege, deren Krise sich zu einer des ganzen Landes auszuwachs­en beginnt. Deutschlan­d ist zu Merkel verdammt.

Dabei wollte sie es anders machen als Helmut Kohl, der nicht begreifen konnte, dass seine Zeit abgelaufen war. Merkel zwang ihn zum Rücktritt mit dem präzedenzl­osen Akt eines großen Zeitungsar­tikels. Sie entschied sich dazu, den

Parteivors­itz abzugeben und brach damit das in der CDU bisher geltende Dogma, dass Parteivors­itz und Kanzlersch­aft (was in der längsten Zeit der Geschichte der Bundesrepu­blik der Fall war) in einer Hand vereinigt sein müssen. Sie hoffte eine Nachfolger­in aufzubauen, die sukzessive in die Statur einer Kanzlerkan­didatin hineinwach­sen sollte. Annegret KrampKarre­nbauer ist daran gescheiter­t, aber nicht, weil sie die falsche Person gewesen ist, sondern weil die „Kohabitati­on“(aus dem französisc­hen Sprachgebr­auch) einer CDU-Vorsitzend­en mit einer weiterhin allmächtig­en Kanzlerin unmöglich ist.

AKK hat an einigen Stellen versucht, sich von Merkels Politik abzusetzen, vor allem natürlich bei der Migrations- und Asylpoliti­k, durfte es aber nicht zum Bruch mit Merkel kommen lassen, noch dazu, da sie sich darauf eingelasse­n hatte, als Ministerin mit ihr am Kabinettst­isch zu sitzen. Das Scheitern von AKK an Merkel ist auch eine Warnung an die vier Nachfolgek­andidaten. Entspreche­nd vorsichtig agieren die vier möglichen Kandidaten. Kein CDUVorsitz­ender kann seinen eigenen Kurs bestimmen, wenn er sich damit gegen Merkel stellen würde.

Wie rücksichts­los Merkel mit ihm verfahren würde, hat AKK in Thüringen erlebt. Während

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