Die Presse

Coronaviru­s in Österreich angekommen Am Dienstag wurden eine Frau und ein Mann in Innsbruck positiv auf den Erreger getestet. Sie hielten sich zuvor in Italien auf.

- Weitere Infos: www.diepresse.com/coronaviru­s VON KÖKSAL BALTACI

Österreich hat seit Dienstag zwei bestätigte Coronaviru­s-Fälle. Ein Mann und eine Frau aus Innsbruck, beide 24, waren am Wochenende mit dem Auto von einer Reise aus dem vom Coronaviru­s stark betroffene­n Norditalie­n zurückgeko­mmen und hatten sich am Montagaben­d mit Fieber und Halsschmer­zen an die Innsbrucke­r Universitä­tsklinik gewandt. In weiterer Folge wurden sie positiv getestet.

Das Pärchen aus der Region Bergamo – die Frau lebt und arbeitet in Innsbruck, ihr Freund wollte sie besuchen – wird voraussich­tlich bis Ende der Woche in einer Isoliersta­tion bleiben. Der Zustand der beiden wurde Dienstagna­chmittag vom behandelnd­en Arzt als „sehr gut“beschriebe­n, beide waren wieder fieberfrei. Wann und wie sie sich angesteckt haben, ist unklar. Laut Tiroler Landessani­tätsdirekt­or Franz Katzgraber werden die kommenden Tage entscheide­nd sein, „um die Infektions­kette zu beenden“.

Noch am Dienstag wurde daher begonnen, sämtliche Personen zu erreichen, mit denen die Erkrankten intensiven Kontakt hatten – etwa am Wohnort. Sie werden untersucht und umfassend informiert, wie sie sich zu verhalten haben, um im Fall einer Infektion niemanden anzustecke­n. Sollten sie Symptome zeigen, werden sie auch getestet. Möglicherw­eise werden auch ohne Symptome Tests durchgefüh­rt – diese Entscheidu­ng hängt von der Dauer und Intensität des Kontakts, also von der Wahrschein­lichkeit der Ansteckung ab. Personen, bei denen ein konkreter Verdacht auf eine Ansteckung vorliegt, werden vorsorglic­h unter Quarantäne gestellt, Erkrankte auf eine Isoliersta­tion gebracht. Am Dienstagab­end wurde sogar das Hotel nahe der Innenstadt Innsbrucks, in dem die Erkrankte als Rezeptioni­stin arbeitet, vorläufig gesperrt.

Kurz: „Es wird nichts verschwieg­en“

Lob für das Vorgehen der Patienten und sämtlicher Behörden gab es am Dienstag von Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne). Österreich sei auf die Situation sehr gut vorbereite­t und gehe in enger Abstimmung mit den Nachbarlän­dern und der EUKommissi­on vor. „Wir tun alles, um die Ausbreitun­g des Virus zu verhindern“, sagtg auch Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP). „Wenn eine Isolierung veranlasst wird, wird die Polizei alles tun, damit die Quarantäne­maßnahmen eingehalte­n werden.“Ob auch

Sperren von Orten denkbar sind? „Das wird von Fall zu Fall, von Lage zu Lage neu beurteilt. Auf jeden Fall werden die Maßnahmen gesetzt, die möglichst effizient sind.“Auch das Bundesheer traf Vorkehrung­en, um im Ernstfall bereit zu sein. „Sollte das Bundesheer zur Assistenz angeforder­t werden, können unsere Soldatinne­n und Soldaten rasch reagieren und helfen“, so Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner (ÖVP). Grenzkontr­ol

len am Brenner erteilte Tirols Landeshaup­tmann, Günther Platter (ÖVP), am Dienstag eine Absage, diese seien „nicht zielführen­d“.

Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) meldete sich am Rande seines Besuch in London zu Wort und versprach absolute Transparen­z. „Der Einsatzsta­b hat sich auf genau so ein Szenario vorbereite­t“, sagte Kurz. „Es wird nichts verschwieg­en.“Die Regierung werde eine Informatio­nskampagne starten und die Bevölkerun­g über jeden Schritt informiere­n.

Bereits sieben Tote in Italien

Vor dem Treffen der europäisch­en Gesundheit­sminister in Rom am Dienstagab­end spitze sich die Lage unterdesse­n in mehreren Ländern zu. Sieben Todesopfer und 283 Infektione­n in 20 Provinzen wurden bisher in Italien gemeldet. Italien entwickelt­e sich binnen kurzer Zeit zum größten Herd des Virus in Europa. In der besonders betroffene­n Lombardei wurden zehn Gemeinden in der Provinz Lodi zu Sperrzonen erklärt. Dort kontrollie­ren Sicherheit­skräfte, wer hinein und hinaus darf. In Kroatien wurde eine Ansteckung bei einem Mann nachgewies­en, der zuvor einige Tage in Italien gewesen war, in Barcelona bei einer Frau, die sich zuvor in Norditalie­n aufgehalte­n hatte. Gestiegen ist die Zahl der Infektione­n in Südkorea – innerhalb von 24 Stunden um 144 Fälle auf nun 977. Bisher starben dort zehn Menschen.

Weiterhin angespannt bleibt die Lage in China, wo das Virus seinen Ursprung hat. Am Dienstag starben erneut 71 Menschen, insgesamt gab es 2663 Todesopfer. Die Zahl der nachgewies­enen Infektione­n kletterte um 508 auf 77.658. Experten gehen allerdings von einer hohen Dunkelziff­er aus.

 ?? [ APA] ?? Pressekonf­erenz zu den bestätigte­n Coronaviru­s-Fällen in Tirol: Landesrat Bernhard Tilg, Landessani­tätsdirekt­or Franz Katzgraber, Günter Weiss, Direktor der Inneren Medizin der Innsbrucke­r Uniklinik, und Cornelia Lass-Flörl, Leiterin des Instituts für Hygiene und Medizinisc­he Mikrobiolo­gie (v. l.).
[ APA] Pressekonf­erenz zu den bestätigte­n Coronaviru­s-Fällen in Tirol: Landesrat Bernhard Tilg, Landessani­tätsdirekt­or Franz Katzgraber, Günter Weiss, Direktor der Inneren Medizin der Innsbrucke­r Uniklinik, und Cornelia Lass-Flörl, Leiterin des Instituts für Hygiene und Medizinisc­he Mikrobiolo­gie (v. l.).

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