Die neuen Covid-19- Erkenntnisse
Bei Kindern verläuft die Erkrankung deutlich milder. Infizierte können einen Monat lang ansteckend sein. Und Wuhan ist wahrscheinlich nicht der Ursprungsort der Pandemie.
Seit das neuartige Coronavirus namens Covid-19 auch außerhalb Chinas grassiert, haben sich der Informationsaustausch und die Kooperation zwischen den Gesundheitsbehörden deutlich gebessert – mit der Folge, dass neue, wichtige Erkenntnisse gewonnen wurden. Auch im Hinblick auf neue Behandlungsmethoden und Impfstoffe.
Deutlich milderer Verlauf bei Kindern
„Die Gefährdung in der Erkrankung ist bei Kindern deutlich geringer als bei Erwachsenen“, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Mittwoch. Was er damit meint: Kinder können sich zwar genauso leicht (oder schwer) mit dem Coronavirus anstecken, aber die Erkrankung verläuft fast immer milder – dieses Phänomen wurde bisher in allen Ländern mit bestätigten Fällen beobachtet. Eine medizinisch eindeutige Erklärung dafür gibt es nicht, denn üblicherweise sind Erwachsene gegen Viruserkrankungen besser gerüstet. Ihr Immunsystem hatte schließlich länger Zeit, mit dem gleichen oder einem ähnlichen Virus in Kontakt zu kommen und die Abwehrmechanismen in Alarmbereitschaft zu versetzen.
Eine mögliche Erklärung für den milden Verlauf bei Kindern könnte sein, dass auch das Immunsystem einem Alterungsprozess ausgesetzt ist, allerdings wird diese sogenannte Immunoseneszenz erst im höheren Alter schlagend,g also ab etwa dem 60. Lebensjahr. Ähnlic hes gilt für die Alterung und die damit verbundenen Schädigungen der
Organe wie etwa der Lunge – bei Senioren sind Todesfälle durch die Grippe zumeist auf Organversagen zurückzuführen. Möglicherweise gibt es auch Unterschiede beim „Andocken“der Viren – ob und welche diese sein könnten, ist Gegenstand der Forschung.
Wochenlange Ansteckbarkeit
Eine infizierte Person kann rund vier Wochen lang Viren ausscheiden und somit auch ansteckend sein. Dieser Zeitrahmen ergibt sich zum einen aus der Inkubationszeit (Dauer von der Infektion bis zum Ausbruch der Krankheit) von vier bis 14 Tagen und zum anderen aus den ein bis zwei Wochen der Erkrankung selbst – plus zwei bis drei Tageg nach dem Verschwinden der Symptome. Übr igens: Nicht alle Infizierten sind in demselben Maß ansteckend, sogenannte Superspreader scheiden besonders viele Viren aus und können um ein Vielfaches mehr Menschen anstecken als andere. Wovon es abhängt, ob eine infizierte Person zum Superspreader wird, ist bisher ungeklärt.
Europa nicht mit China vergleichbar
Hinsichtlich bestätigter Coronavirus-Fälle und Ausbreitungswege lässt sich Europa nicht mit China vergleichen, auf die Zahlen aus China ist also kein Verlass. In Europa galt von Anfang an ein Fall dann als bestätigt, wenn das Coronavirus mikrobiologisch nachgewiesen wurde – selbst dann, wenn eine infizierte Person keinerlei Symptome zeigte, was beispielsweise in Italien vereinzelt der Fall war. In China hingegen hat sich die Definition eines bestätigten Falls seit Anfang Dezember, also seit der Entdeckung des Virus, mehrfach geändert.
Anfangs galt als Coronaviruspatient, wer aus der betroffenen Region (Großraum Wuhan) stammte, grippeähnliche Symptome sowie ein verdächtiges Röntgenbild der Lunge aufwies – ohne Labortests durchzuführen. Später wurden nur jene Personen registriert, die positiv getestet wurden und zusätzlich eine Lungenentzündung hatten. Erkrankte mit milden Krankheitsverläufen wurden also gar nicht erst getestet und tauchten nicht in den Listen auf.
Nach welcher Definition China heute vorgeht, ist unklar. Daher ist von einer deutlich höheren Zahl an Infizierten auszugehen, als die chinesischen Behörden angeben. Auch die Entwicklung der Zahl der Infizierten in den vergangenen Wochen lässt somit keine verlässlichen Rückschlüsse zu.
Wuhan dürfte nicht Ursprung sein
Zweifel an der Millionenmetropole Wuhan in der zentralchinesischen Provinz Hubei als Ausgangspunkt der mittlerweile weltweiten Ausbreitung des Coronavirus gab es von Anfang an. Inzwischen geht aber sogar China selbst davon aus, dass das Virus erstmals woanders von einem Tier (wahrscheinlich von einer Fledermaus) auf den Menschen übergesprungen sein dürfte – und sich später von einem Tiermarkt in Wuhan aus explosionsartig ausbreitete.
Denn rückblickend wurden zahlreiche Fälle von Erkrankten rekonstruiert, die schon lang vor dem ersten Peak in Wuhan Symptome aufwiesen, die auf das Coronavirus hinweisen. Nur breitete es sich anfangs nicht rasch aus, weswegen es nicht diagnostiziert wurde. Da das Verspeisen von Wildtieren in China weit verbreitet ist, kann die erste Infektion überall im Land erfolgt sein.
Epidemie hängt von Patient null ab
Deutschland und Italien sind gute Beispiele dafür, wie wichtig es ist, so schnell wie möglich den „Patienten null“zu eruieren – also die erste infizierte Person, von der die Ausbreitung ausgeht. In Deutschland wurde dieser Patient innerhalb von wenigen Tage gefunden und in weiterer Folge eine unkontrollierte Ausbreitung verhindert, indem sämtliche Kontaktpersonen sofort informiert, beobachtet und gegebenenfalls auch isoliert wurden.
In Norditalien hingegen ist das bis heute nicht gelungen, weswegen sich die Krankheit dort immer noch relativ unkontrolliert ausbreitet. Auch in Innsbruck, wo am Dienstag die ersten beiden Personen in Österreich positiv getestet wurden, werden die kommenden Tage entscheiden, ob und wie schnell sich das Virus ausbreitet. Nun war natürlich schon immer klar, dass nur ein rasches Eingreifen der Behörden eine Pandemie eindämmen kann, die Ausbreitung des Coronavirus zeigt aber, wie wichtig ein grenzüberschreitendes Vorgehen ist.
Wenn es sein muss, geht es schnell
Die EU-Kommission hat nach dem Ausbruch des Virus mehrere Finanzierungen für Forschungsprojekte ausgeschrieben. Üblicherweise bekommen Bewerber zwei Jahre Zeit für ihre Einreichungen. Diesmal waren es zehn Tage, dennoch haben sich 91 europaweite Konsortien beworben. Mit Meilensteinen sowohl hinsichtlich Behandlungsmethoden als auch des Impfstoffs wird heuer gerechnet. Mitgemacht haben auch Forscher aus Österreich, wo nach dem Ausbruch von Sars, Mers und Ebola die Notfallpläne erneuert wurden. Einen Ernstfall gab es seither nicht. Bis jetzt. Und es zeigt sich, dass die Quarantänemaßnahmen ebenso wie die Betreuung der Verdachts- bzw. bestätigten Fälle in den Spitälern gut funktioniert. Laut verantwortlichen Ärzten sogar besser als vermutet. Daher sei nicht von einer großflächigen Ausbreitung auszugehen, sondern von kleineren Brandherden, die sofort gelöscht werden. Weitere Infos: www.diepresse.com/coronavirus