Die Presse

Neos wollen Kulturgüte­r restituier­en

Per Gesetz sollen die Rückgabe und der Aufbau von Museen in afrikanisc­hen Ländern organisier­t werden.

- VON ERICH KOCINA

Per Gesetz sollen die Rückgabe kolonialer Raubkunst aus Afrika und der Aufbau von Museen in afrikanisc­hen Ländern organisier­t werden.

Die Diskussion um die Rückgabe kolonialer Raubkunst aus Afrika hat nun endgültig auch Österreich erreicht. Im Parlament schlägt sie am Donnerstag in Form eines Entschließ­ungsantrag­s der Neos auf, in dem unter anderem ein Bekenntnis Österreich­s zur Restitutio­n von Kulturgüte­rn problemati­scher Herkunft aus Zeiten des Kolonialis­mus gefordert wird.

Restitutio­n, damit hat Österreich schon einige Erfahrung gesammelt – doch gibt es Unterschie­de zwischen der Wiedergutm­achung für Opfer des NS-Regimes und der Aufarbeitu­ng von Raubkunst aus dem Kolonialis­mus. Zum einen, weil man bei der NSRestitut­ion meist einzelne Personen oder Familien als ursprüngli­che Eigentümer ausmachen konnte. Zum anderen, weil die Nationalso­zialisten mit ihrer Bürokratie Verzeichni­sse hinterließ­en, wem was abgenommen wurde.

Im Fall afrikanisc­her Kulturgüte­r ist das nicht ganz so einfach. Weil zum Beispiel gar nicht klar ist, mit wem man überhaupt über Restitutio­n sprechen kann – da es manche Stämme oder Staaten zum Teil gar nicht mehr gibt. Und weil bei vielen Stücken, die in europäisch­en Museen und anderen Institutio­nen liegen, die Herkunft nicht so einfach nachvollzi­ehbar ist.

„Nicht alles zurückgebe­n“

Ein Problem, das Henrike Brandstött­er, Neos-Sprecherin für Entwicklun­gszusammen­arbeit, nicht sieht: „Europäer denken oft, sie brauchten klassische Institutio­nen als Gegenüber. Die entstehen in vielen afrikanisc­hen Staaten aber gerade erst wieder.“Sie fordert in dem Antrag, dass sich Österreich zunächst zur Restitutio­n bekennt und dann versucht, die Partner für Verhandlun­gen zu benennen.

Wie viel Raubkunst aus Afrika in Österreich überhaupt zu finden ist, ging kürzlich aus der Beantwortu­ng einer parlamenta­rischen Anfrage der Neos hervor. Demnach lagern im Weltmuseum allein in der Sammlung „Afrika südlich der Sahara“36.249 Artefakte, von Alltags- und Gebrauchsg­egenstände­n über Waffen und Schilde bis zu Masken, Figuren und Malereien. Kleinere Mengen an Objekten gibt es auch im Technische­n und Naturhisto­rischen Museum.

Wobei Restitutio­n nicht bedeute, dass man alles zurückgebe­n müsse: „Die Länder wollen gar nicht alles zurück“, so Brandstött­er, „aber zentrale Artefakte müssen zurückgege­ben werden.“Dafür müsse man halt einiges in die Provenienz­forschung investiere­n – „und das ist ein umfassend aufwendige­r und teurer Prozess“.

Finanziert werden soll dieser den Vorstellun­gen der Neos nach durch die Entwicklun­gszusammen­arbeit. Dass diese von derzeit 0,26 auf 0,7 Prozent des BIPs erhöht werden soll, steht sogar im türkis-grünen Regierungs­programm. „Damit sollte man unter anderem Museen in afrikanisc­hen Ländern bauen und Kuratoren finanziere­n“, so Brandstött­er – um den Menschen Zugang zu ihrem kulturelle­n Erbe zu ermögliche­n. „Da könnte Österreich zeigen, wie man moderne Entwicklun­gszusammen­arbeit macht.“Ein Vorbild dabei könnte Frankreich sein, das unter Präsident Emmanuel Macron 2018 einen Expertenbe­richt zur kolonialen Raubkunst anfertigen ließ und damit einen neuen Umgang mit dem Erbe des Kolonialis­mus einleitete. Unter anderem wurden bereits mehrere Kunstwerke aus dem Pariser Musee´ du Quai Branly an die Republik Benin übergeben.

 ?? [ Bildarchiv Hansmann/Interfoto/picturedes­k.com ] ?? Allein im Weltmuseum Wien lagern rund 40.000 Artefakte aus Afrika. Die Neos fordern nun, ihre Restitutio­n zu starten.
[ Bildarchiv Hansmann/Interfoto/picturedes­k.com ] Allein im Weltmuseum Wien lagern rund 40.000 Artefakte aus Afrika. Die Neos fordern nun, ihre Restitutio­n zu starten.

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