Italienische Experten beruhigen ..................
Italien. Die Zahl der Coronafälle steigt, erstmals sind auch Kinder infiziert. Experten warnen aber vor Alarmstimmung.
In Italien ist die Panik angesichts des Coronavirus am größten, und die entscheidende Rolle des „Patienten uno“, des ersten mit der Krankheit Angesteckten, wird immer deutlicher. Laut der Tageszeitung „Corriere della Sera“hat es ganze 36 Stunden gedauert, bis der 38-jährige Mann, der mit einer Lungenentzündung im Krankenhaus der norditalienischen Stadt Codogno lag, auf das Coronavirus getestet wurde. Viele Stunden also, in denen der Mann Besuch von Freunden und Familie erhielt und ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen mit dem Krankenhauspersonal in Kontakt stand.
Mittlerweile ist klar, dass mehr als die Hälfe der Ansteckungen, die Italien bisher verzeichnet, in der Gegend um Codogno erfolgt ist. Der Grund, warum der Test erst nach eineinhalb Tagen durchgeführt wurde: Der Patient hatte sich vorher nicht in China aufgehalten. Die offiziellen Vorschriften für italienische Krankenhäuser schreiben den Test nur dann zwangsläufig vor, wenn es eine direkte Verbindung zu China gibt.
Wirtschaftliche Kontakte mit China
Dass der Patient überhaupt auf das Coronavirus getestet wurde, ist einem beharrlichen Arzt zu verdanken, der den Mann solang befragte, bis dieser angab, mit einem Freund zu Abend gesessen zu haben, der sich zuvor in China aufgehalten hatte. Im Anschluss zeigte sich, dass dieser Freund jedoch nie mit dem Coronavirus infiziert gewesen war.
Somit bleibt die Frage nach dem Patienten, der das Virus nach Italien gebracht hat, ungeklärt. Experten gehen inzwischen davon aus, dass es wohl nicht nur eine Person war, auf die der Ausbruch zurückzuführen ist. Der Norden des Landes ist wirtschaftlich eng mit China verknüpft, und viele Geschäftsreisende haben sich im fraglichen Zeitraum zwischen den zwei Ländern bewegt.
In Italien ist die Zahl der Menschen, die positiv auf Sars-Cov-2 getestet worden sind, indessen auf 374 Menschen gestiegen – zwölf von ihnen sind gestorben. Außerdem berichten die Medien erstmals über Kinder, die sich mit dem Virus angesteckt haben sollen. Die sechs jungen Patienten sollen aber keine schweren Symptome haben. Bisher war die Annahme, dass Kinder sich entweder gar nicht anstecken oder die Krankheit bei ihnen unbemerkt verläuft.
Gleichzeitig gibt es auch gute Nachrichten: Die chinesischen Eheleute, die die ersten Coronapatienten in Italien waren, sind mittlerweile wieder völlig gesund. Und auch ein italienischer Staatsbürger, der mit dem
Virus aus China zurückgekehrt war, ist geheilt. Walter Riccardi, Professor für Gesundheitswesen und Berater des italienischen Gesundheitsministers, rief die Öffentlichkeit dazu auf, nicht in Alarmstimmung zu verfallen: „95 Prozent der Kranken genesen wieder, und alle, die gestorben sind, hatten bereits ernste Vorerkrankungen.“
Während in die Debatte um den Krankheitsverlauf langsam Ruhe einkehrt, rücken die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus ins Zentrum der Aufmerksamkeit. So liegt das öffentliche Leben in der Metropole Mailand lahm. Die Modewoche fand großteils hinter verschlossenen Türen statt, Geschäfte sind geschlossen und Unternehmen fordern ihre Mitarbeiter auf, zu Hause zu arbeiten. Und nun wurde auch die wichtige Mailänder Möbelmesse, zu der jährlich Hunderttausende Besucher in die Stadt kommen, von Ende April auf Mitte Juni verschoben.
Tourismus liegt darnieder
„Die wirtschaftlichen Folgen könnten riesig sein“, räumte Premier Giuseppe Conte ein. Das Virus lähmt die wirtschaftlich stärksten Regionen des Landes, die Lombardei und Venetien. Zusammen bilden die beiden betroffenen Regionen ein Drittel der Wirtschaftskraft des Landes. Experten warnen davor, dass Italien, wirtschaftlich ohnehin schon stark geschwächt, in eine Rezession rutschen könnte.
Es trifft jetzt auch den Tourismus. Einige Länder warnen offiziell vor Reisen nach Italien. Es ist von Stornierungsraten von bis zu 40 Prozent die Rede. Der Tourismusverband Federturismo spricht von „unschätzbaren Schäden“. Die Krise habe „die Tourismusindustrie in die Knie gezwungen“. Finanzminister Roberto Gualtieri kündigte Hilfsgelder für die Tourismusbranche an.