Die Presse

Gastkommen­tare zum Coronaviru­s ...

Kaum jemand erinnert sich noch an die letzte Pandemie 2010. Ein paar Vorkehrung­en kann man jetzt treffen, z. B. Direktflüg­e aus China streichen.

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Nun hat also das neue Coronaviru­s Sars-CoV-2 auch Österreich erreicht – und es kam nicht direkt aus China, sondern von einem unserer südlichen Nachbarn. Bislang blieb es bei zwei bestätigte­n Fällen in Innsbruck, beides junge Menschen mit einem leichten Krankheits­verlauf, die aus der Lombardei stammen (der meist betroffene­n norditalie­nischen Provinz). China ist weit weg, und wir konnten uns vor einem Übergreife­n der Infektion nach Österreich bisher schützen, nun sind wir aber unmittelba­r betroffen.

Wie konnte dies passieren? Die Infektione­n in der Lombardei, in Venetien und weiteren norditalie­nischen Provinzen haben sich schon relativ weit ausgebreit­et. Diese Vermutung liegt nahe, nachdem nicht nur Österreich die ersten beiden Infektions­fälle bei Menschen aus dieser Region festgestel­lt hat, sondern zeitgleich auch Kroatien, die Schweiz und Brasilien. Und die Zahl der diagnostiz­iert Infizierte­n in Norditalie­n steigt rapide an – 322 zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Zeilen, elf davon sind an der Krankheit verstorben.

Wie konnte das also passieren? Hier spielen mehrere mögliche Gründe zusammen: In 80 Prozent der Krankheits­fälle verläuft die neue Coronaviru­s-Infektion eher mild, wie ein grippaler Infekt; und gerade im Winter haben nun mal viele Menschen immer wieder grippale Infekte. Die „echte Grippe“zirkuliert auch noch, wobei der Höhepunkt schon überschrit­ten ist. Und man kann die neue Coronaviru­s-Infektion nicht von anderen viralen Atemwegsin­fekten unterschei­den. Die bis vor Kurzem noch geltende Falldefini­tion, die Reisen in betroffene Gebiete oder Kontakt zu Menschen von dort innerhalb der letzten 14 Tage vor Krankheits­ausbruch inkludiert hat, ist nicht mehr gültig. Dazu kommt eine negative Eigenschaf­t des Virus: Es ist bereits in der Inkubation­szeit für andere ansteckend. Weder der Infizierte selbst noch seine Umgebung weiß zu diesem Zeitpunkt, dass dieser Mensch infiziert ist, was eine Eindämmung der Infektion enorm schwierig macht.

Die gefährlich­e Inkubation­szeit

Die Temperatur­messungen an aus China einreisend­en Passagiere­n sind gut, damit werden klinisch Erkrankte, die besonders viel Virus ausscheide­n, detektiert. In der Inkubation­sphase befindlich­e Passagiere werden so aber nicht erfasst. Daher wäre es sicherer, Direktflüg­e aus China nach Österreich generell bis auf Weiteres auszusetze­n. Es ist klar, dass man mit einer solchen Maßnahme auch nicht alle aus China einreisend­en Infizierte­n erfasst, aber es wäre ein weiteres Puzzleteil, um Österreich besser zu schützen. Die Hauptgefah­r für Österreich stellen jetzt aber ohnehin nicht China-Reisende dar, sondern sie geht von Norditalie­n aus. Was können wir in Österreich tun, um eine Verbreitun­g dieser neuen Krankheit einzudämme­n? Jeder, der sich in den vergangene­n 14 Tagen in Norditalie­n aufgehalte­n und einen Atemwegsin­fekt entwickelt hat, soll sich telefonisc­h bei der Gesundheit­shotline 1450 melden, seinen Fall schildern und bis zu einer Diagnose die Öffentlich­keit meiden.

Warum die Aufregung über eine Krankheit, die in den meisten Fällen mild verläuft? Weil es sich um eine komplett neue Infektions­krankheit handelt, an der immerhin 15 bis 20 Prozent der Infizierte­n schwerer erkranken. Rund zwei Prozent sterben an der Infektion oder den Begleitums­tänden. Risikogrup­pen für schwerere Krankheits­verläufe sind vor allem ältere Menschen mit anderen Grundkrank­heiten.

Wie wird es weitergehe­n? Eine weitere Verbreitun­g der Krankheit ist anzunehmen, auch eine weltweite Epidemie (Pandemie) ist möglich. Trotzdem sind Panikreakt­ionen nicht angebracht. Erinnern Sie sich noch an 2009/2010? Vermutlich kaum. Zu diesem Zeitpunkt ist die letzte Pandemie über die Welt geschwappt, und heute spricht kaum mehr jemand davon.

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