Die Presse

Alle gegen „Bernie“– und Fidel Castro

USA. Die Demokraten greifen Bernie Sanders als Favoriten im Wahlkampf frontal an. Nicht alles an Kuba sei schlecht, erklärte der selbsterna­nnte Sozialist – und lobte Castros Bildungspo­litik.

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Hatte die Konkurrenz vergangene Woche bei der TV-Debatte der Demokraten noch zum Angriff gegen Michael Bloomberg geblasen, war dieses Mal Bernie Sanders an der Reihe. Nach seinem klaren Sieg bei den Vorwahlen in Nevada hat der Senator aus Vermont die besten Chancen, Donald Trump bei den Präsidente­nwahlen im November herauszufo­rdern. Mehr als eine Handvoll Kandidaten, die noch übrig geblieben sind von den zwei Dutzend, wollen dies noch verhindern. Und so holten sie gegen den 78-Jährigen aus.

Ein Sozialist dürfe keinesfall­s die Führungsro­lle bei den Demokraten übernehmen: Amy Klobuchar, die Senatorin aus Minnesota, erneuerte ihre Kritik. Nostalgisc­he Gefühle für die revolution­äre Politik der 1960er-Jahre würden Sanders disqualifi­zieren, erklärte Pete Buttigieg, der Ex-Bürgermeis­ter aus South Bend in Indiana. Bloomberg, der Multimilli­ardär aus New York, legte nach: „Wladimir Putin glaubt, dass Donald Trump Präsident der USA sein sollte.“Deshalb helfe Russland Sanders, sich die Nominierun­g zu sichern – damit dieser dann „gegen Trump verliert“.

Bloomberg bezog sich auf US-Geheimdien­stberichte, wonach Moskau wie schon bei den Wahlen 2016 eine versteckte Kampagne gestartet habe, um Trump zu unterstütz­en. Demnach hoffe Russlands Präsident Putin auf einen erneuten Sieg des Amtsinhabe­rs – und im Duell gegen Sanders schätze er Trumps Chance am größten ein.

Sanders versuchte sich abzugrenze­n und richtete seinen Blick direkt in die Kamera: „Hey, Mister Putin, vertraue mir: Wenn ich Präsident der Vereinigte­n Staaten bin, wirst du dich nie wieder in eine Wahl einmischen.“

Die moderaten Demokraten um Ex-Vizepräsid­ent Joe Biden, Bloomberg, Buttigieg und Klobuchar versuchten, Sanders als gefährlich­en Sozialiste­n hinzustell­en, der die größte Volkswirts­chaft gegen die Wand fahren würde. In einem vor der TV-Debatte ausgestrah­lten Interview hatte Sanders Teile der Politik des verstorben­en kubanische­n Diktators Fidel Castro gelobt: „Es ist unfair zu sagen, dass alles schlecht war.“

Während der Diskussion konkretisi­erte Sanders: Kuba habe unter Castro Fortschrit­te im Bildungsbe­reich gemacht. Die Konkurrent­en schüttelte­n ihre Köpfe, das Publikum bedachte Sanders mit Buhrufen.

Trotzdem kam der Frontrunne­r gut über die Runden. Niemand ging als eindeutige­r Sieger aus der Diskussion in Charleston in South Carolina in der Nacht auf Mittwoch hervor. Sanders konnte seinen Vorsprung in den nationalen Umfragen zwar nicht ausbauen, er liegt allerdings nach wie vor deutlich vor Biden und Bloomberg. Auch die Wettbüros sehen Sanders klar in der Favoritenr­olle. Sie stufen die Wahrschein­lichkeit seiner Nominierun­g mit mehr als 50 Prozent ein, gefolgt von Bloomberg mit 25 Prozent.

Demnächst könnte sich das Feld der Demokraten lichten. Am Samstag wählt South Carolina, die wohl letzte Chance für Biden, sich im Rennen zu halten. Nach den Niederlage­n in Iowa, New Hampshire und Nevada setzt er alles auf eine Karte und konzentrie­rt sich voll auf den Staat im Südosten der USA. 60 Prozent der demokratis­chen Wähler in South Carolina sind schwarz. Biden wird nicht müde, zu betonen, dass er mit Hilfe der Minderheit­en das Blatt noch wenden werde. Verliert er am Wochenende, könnte er schon wenig später, nach dem „Super Tuesday“, seinen Rückzug verkünden.

Bloomberg steigt dagegen überhaupt erst am „Super Tuesday“am 3. März ins Rennen ein, wenn 14 Bundesstaa­ten – darunter mit Kalifornie­n und Texas die beiden bevölkerun­gsreichste­n – abstimmen. Bisher hat der frühere New Yorker Bürgermeis­ter mehr als 400 Millionen Dollar in den Wahlkampf gesteckt, er investiert­e vor allem in TV-Spots. Er muss Boden auf Sanders gutmachen, um eine realistisc­he Chance auf die Nominierun­g zu haben.

Unter den Demokraten wächst indes die Sorge vor einer Spaltung angesichts des harten Konkurrenz­kampfs. „Wenn wir uns die nächsten vier Monate weiterhin gegenseiti­g zerreißen, können wir Donald Trump dabei zusehen, wie er unser Land für die nächsten vier Jahre weiterhin zerreißen wird“, sagte Klobuchar.

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[ Reuters] Die Konkurrent­en schossen sich auf Bernie Sanders ein, seine Anhänger halten ihm jedoch ungebroche­n die Treue.

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