Die Angst der saudischen Behörden vor dem „Mecca Girl“
Streit um Musikvideo. Der Gouverneur von Mekka will die Rapperin Asayel verhaften lassen – wegen angeblicher „Verletzung der Traditionen“.
„Mecca Girl“ist der Titel eines Videoclips, der in Saudiarabien Furore macht. Denn die saudische Rapperin Asayel, die ihn produziert hat, soll verhaftet werden. Eine junge Frau, die am heiligsten Pilgerort der Muslime rappt, gehört sich offenbar nicht, auch wenn sich der eigentliche Regent und Kronprinz, Mohammed bin Salman, mit seinen gesellschaftlichen Reformen brüstet, wie der Aufhebung des Fahrverbotes für Frauen oder der Eröffnung von Kinos.
„Alles was du brauchst, ist ein Mekka-Girl. Verärgere sie nicht, denn sie kann dir wehtun“, rappt Asayel. „Wir respektieren andere Mädchen, aber das Mekka-Girl ist so süß wie ein Bonbon.“Im Hintergrund tanzen lächelnde Jugendliche und Kinder. Das Ganze ist in einer Cafeteria aufgenommen.
Für den Gouverneur von Mekka, Prinz Khalid bin Faisal, war das allerdings eine Ungehörigkeit. Er erklärte in einem Tweet, dass er die Verhaftung von Asayel angeordnet habe – und von allen, die hinter dem Musikvideo stecken. Dieses Lied verletze die Traditionen und Gefühle der Menschen in Mekka, schrieb er. Daraufhin brach in sozialen Medien in Saudiarabien eine Debatte los, über das Lied und über Sinn und Unsinn des Haftbefehls. Unter dem Hashtag You_Are_Not_Mecca’s_Girls lassen sich die Gegner der Rapperin aus. „Dieses Lied ist eine Provokation, und am schlimmsten sind die nutzlosen Tanzszenen“, schreibt eine Salma. Dabei geht es nicht nur darum, dass Asayels Rap-Song nicht ins heilige Mekka passe. Auch ihre dunkle Hautfarbe führte zu zahlreichen Postings mit rassistischem Unterton.
Aber bei vielen Tweets mit dem Hashtag Mecca_Girl_Represents_Me wird die Rapperin verteidigt. „Es ist nur ein Rap-Song, er beinhaltet keine Obszönität und keine pornografische Szene. Es wird kein Haschisch geraucht, und die Rapperin trägt ein Kopftuch“, heißt es in einem Tweet.
Viele heben auch die Heuchelei der saudischen Behörden hervor. „Das ist typisch für die saudische Regierung, sie lädt westliche Prominente ein, um das Regime künstlerisch reinzuwaschen, und greift dann die eigenen Frauen an, die versuchen, ihre kulturelle Identität zum Ausdruck zu bringen“, twittert Amani al-Ahmadi, die sich als saudisch-amerikanische Feministin beschreibt.
Da legt sie den Finger in die Wunde. Denn tatsächlich hat Kronprinz Mohammed bin Salman in seinem Versuch, sich als Reformer zu präsentieren, grünes Licht für ausländische Künstler gegeben, in Saudiarabien aufzutreten: Eingeladen waren Mariah Carey, Nicki Minaj und BTS. Nicky Minaj nahm die Einladung am Ende allerdings nicht an, mit dem Argument, dass das nicht mit ihrer Unterstützung für Frauen- und LGBTRechte einhergehe.
Die wohl frechste Antwort auf die angekündigte Verhaftung des „Mecca Girls“kam – nicht weit von Mekka entfernt – aus der größten saudischen Hafenstadt am Roten Meer. Dort hat eine andere saudische Rapperin namens Bayan Omar auf Twitter jetzt ihren eigenen Song veröffentlicht, mit dem Titel „Jeddah Girl“.