Die Presse

Kinder eingesperr­t: War es Nötigung?

Neuer Vorwurf. Eltern, deren Kinder strafweise im Waschraum eines Wiener Kindergart­ens eingesperr­t wurden, drängen auf weitere Ermittlung­en.

- (m. s.)

Die Angelegenh­eit hat schon voriges Jahr hohe Wellen geschlagen: Zwei Pädagoginn­en eines vom Verein Kiwi betriebene­n Kindergart­ens in Wien Meidling haben Kinder im Alter von eineinhalb bis vier Jahren strafweise in den Waschraum gebracht. Dies sei rein strafrecht­lich betrachtet nicht relevant, hat dann die Staatsanwa­ltschaft erklärt. Doch die Eltern wollen sich damit nicht abfinden. Eine Mutter hat nun einen Antrag auf Fortsetzun­g der Ermittlung bei Gericht eingebrach­t.

Der Kindergart­en-Geschäftsf­ührer hatte den Vorfall damals an das Jugendamt (MA 11) gemeldet. Und erklärt, das Separieren der Kinder sei als pädagogisc­he Maßnahme zu verstehen gewesen. Dennoch sei es inakzeptab­el. Die beiden Pädagoginn­en wurden entlassen. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelte wegen Quälens oder Vernachläs­sigens unmündiger Personen. Und wegen Freiheitse­ntziehung. Dann kam die Behörde zu dem Schluss: Beide Tatbeständ­e seien nicht erfüllt worden. Hinsichtli­ch des mutmaßlich­en Einsperren­s in den Waschraum sei eine Dauer von maximal zwei Minuten anzunehmen – und dies reiche für eine Freiheitse­ntziehung nicht aus, hieß es. Außerdem habe die Waschraumt­ür kein Schloss und sei daher nicht versperrba­r.

Neue Türen mit Fenstern

Eine Mutter, deren Kind eine posttrauma­tische Belastungs­störung davongetra­gen hat, will diesen Schritt der Anklagebeh­örde so nicht hinnehmen. Und hat den Wiener Anwalt Nikolaus Rast mit der Einbringun­g eines sogenannte­n Fortführun­gsantrags beauftragt. Das heißt: Das zuständige Landesgeri­cht muss nun prüfen, ob dem (der „Presse“vorliegend­en) Antrag stattzugeb­en ist.

Hauptargum­ent der Antragstel­lerin: Es seien nicht nur die Tatbeständ­e der Quälerei und der Freiheitse­ntziehung zu prüfen gewesen. Der Sachverhal­t hätte auch in Richtung Nötigung abgeklopft werden müssen. Doch Letzteres sei nicht geschehen.

Außerdem seien vor Beginn der strafrecht­lichen Ermittlung die Waschraumt­üren, ursprüngli­ch Vollholztü­ren, gegen Türen mit Sichtfenst­ern ausgetausc­ht worden. So habe auch nicht geprüft werden können, ob man die Türen tatsächlic­h nicht versperren konnte. Frühere Fotos, auf denen im Hintergrun­d auch die Türen zu sehen sind, würden sehr wohl auf Verschließ­barkeit hindeuten. Abgesehen davon sei die Türschnall­e für kleinere Kinder sowieso nicht in Reichweite gewesen.

Und: Die maximale Aufenthalt­sdauer in den Waschräume­n sei von den Pädagoginn­en selbst mit zwei Minuten angegeben worden. Dies müsse als Schutzbeha­uptung gewertet werden.

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