Die Presse

Große US-Arbeitsrec­htskanzlei sucht sich Partner in Wien

Kooperatio­n. Eine Wiener Arbeitsrec­htsboutiqu­e wird Teil eines globalen Netzwerkes. Was bringt ihr das, und was haben die Klienten davon?

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Die US-amerikanis­che Anwaltskan­zlei Littler gilt als größte Arbeitsrec­htskanzlei der Welt – und ist künftig auch in Österreich vertreten. Die Wiener Arbeitsrec­htsboutiqu­e Gerlach Rechtsanwä­lte wird Teil ihres globalen Netzwerks.

Jeremy Roth, Co-ManagingPa­rtner von Littler, kommentier­te es im US-Magazin „American Lawyer“geradezu euphorisch: Mit Kanzleigrü­nder Roland Gerlach habe man sich den „bekanntest­en Arbeitsrec­htsanwalt des Landes“an Bord geholt. Littler habe seine Präsenz in Europa nun auf acht Länder ausgedehnt und stehe am Tor nach Zentral- und Osteuropa.

Aber warum tritt eine Wiener Arbeitsrec­htskanzlei überhaupt in ein globales Netzwerk ein? Anders als in anderen Rechtsbere­ichen, in denen oft grenzübers­chreitende Deals zu betreuen sind, gibt es im Arbeitsrec­ht so gut wie keine Cross-Border-Materien. Im Wesentlich­en gelten die lokalen Vorschrift­en, nur das EU-Recht spielt mit. Internatio­nalisierun­g sei dennoch wichtig, sagt Roland Gerlach zur „Presse“. „Service aus einer Hand ist ein Asset, das die Klienten suchen.“Das wolle man nicht den „Frehsfield­s dieser Welt“, den Großkanzle­ien, überlassen.

Große Unternehme­n wollen nun einmal, dass dort, wo sie tätig sind, auch Anwälte „ihrer“Kanzlei präsent sind. Auch wenn es um Materien wie Arbeitsrec­ht geht, denn es erspart ihnen Aufwand. Manche haben sogar Compliance-Richtlinie­n, die vorsehen, dass Großkanzle­ien beauftragt werden müssen. Und bei all dem geht es keineswegs nur um das Geschäft mit Töchtern von US-Firmen. Vielmehr können aus dem gesamten Netzwerk Mandate nach Österreich wandern, insbesonde­re auch aus Deutschlan­d.

Aber auch ein zweiter Aspekt sei wichtig, sagt Gerlach: „Wir wollen größer werden. Die wirklichen Topleute bekommt man als kleine Kanzlei aber nur selten.“Guten jungen Anwälten genügt es meist nicht, beim Arbeitsger­icht in Wien Prozesserf­ahrung zu sammeln. Sie wollen auch ein paar Monate in einer US-Kanzlei arbeiten oder öfter einmal an einer Konferenz in Singapur teilnehmen. Nur wer potenziell­en Kanzleipar­tnern – und Nachfolger­n – auch das bietet, ist auch in dieser Hinsicht mit Großkanzle­ien konkurrenz­fähig.

Aber was gibt man für diese Vorteile auf? Die Selbststän­digkeit als Kanzlei nicht, diese bleibe erhalten, sagt Gerlach. Und noch etwas „für uns sehr Wesentlich­es“habe man sich nicht nehmen lassen – weiterhin auch Betriebsra­tsmandate übernehmen zu können. Littler selbst ist ausschließ­lich auf Arbeitgebe­r als Klienten fokussiert; die Wiener Kanzlei vertritt auch Manager, leitende Angestellt­e und eben auch Betriebsrä­te. Zu akzeptiere­n, dass es auch künftig dabei bleibt, dürfte Littler nicht leichtgefa­llen sein. Es habe eine Weile gedauert, die Sache über die Ziellinie zu bringen, hielt Jeremy

Roth denn auch lapidar fest. Die Kooperatio­n mit dem derzeit dreiköpfig­en Wiener Anwaltstea­m war der US-Kanzlei jedoch sichtlich wichtig genug, um sich auf diesen Kompromiss einzulasse­n.

Aber was, wenn sich, aus welchem Grund immer, Interessen­konflikte ergeben? Anwälte aus dem Netzwerk, egal, wo auf der Welt, dürfen solche Mandate dann nicht übernehmen. Das ist, wenn man so will, der Wermutstro­pfen der Vernetzung. Aus der im Übrigen jeder auch leicht wieder aussteigen könne, wie Gerlach sagt: „Das ist eine Lebensgeme­inschaft. Keine Ehe.“

Auch auf der Homepage der Wiener Kanzlei stehen schon beide Namen. Sonst aber im Moment nicht viel, nur ein Countdown. Dieser läuft bis zum 1. Mai, dann startet auch der neue Webauftrit­t.

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Roland
[ Franz Reiterer] Kanzleigrü­nder Gerlach. Roland

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