Dieser Manon glaubt man Verzweiflung mehr als Lebenslust
Staatsoper. Nachfolgerin von Anna Netrebko ist Ailyn Perez´ keine, ihr geschmeidiger Sopran überzeugte aber in der Titelrolle von „Manon“.
sein Leben drängt. Behutsam, geschmeidig und mit großer Noblesse führte Borras seinen Tenor und zeigte seine perfekte Mischtechnik. Er erwies sich einmal mehr als großer Stilist mit vollen Spitzentönen und Piani voll Substanz, immer unaufdringlich und ohne Effekthascherei. Bei ihm gab es Wohlklang und Innigkeit im Paarlauf.
Geschmeidig auch der Sopran von Ailyn Perez,´ die erstmals am Haus die Titelpartie verkörperte. Wenngleich sie eine herzige Unschuld vom Lande war, nahm man ihr später die Verzweiflung, als sie sich innig von ihrem Tischlein – und somit von der Zweisamkeit mit dem Geliebten – verabschiedete, mehr ab als die Lebenslust und die Gier nach Geld. Der Vergleich mit Anna Netrebko, die die Premiere 2007 sang, ist ungerecht, drängte sich aber bei vielen auf, da Perez´ schon als Nachfolgerin gehandelt wurde – während Kolleginnen wie Diana Damrau und Marlis
Petersen ganz eigene Wege für die Gestaltung dieser Rolle fanden. Darstellerisch darf Perez´ noch in die vielschichtige Figur hineinwachsen. Gesanglich fühlte sie sich in der Höhe am wohlsten, die Mittellage ist ausbaufähig. Sie harmonierte sehr gut mit Borras, vor allem das Saint-Sulpice-Bild berührte. Für die nächsten Vorstellungen wünscht man sich noch mehr Leichtigkeit und Delikatesse der Vergnügungssüchtigen.
Weitere Rollendebütanten: Orhan Yildiz blieb als Lescaut eher blass und zu wenig durchschlagskräftig, Jongmin Park als sonorer, profunder Graf Des Grieux legte die Figur durchaus differenziert an: als Vater, dem das Schicksal seines Sohnes auch fernab aller Standesdünkel nahegeht. Der heuchlerische Bretigny´ lag Clemens Unterreiner besonders. Am Pult hielt Fred´eric´ Chaslin alles zusammen, etwas mehr Esprit und Charme hätten aber auch hier gut getan.