„AfD speist Nährboden für Rechtsextreme“
Interview. Michael Roth, SPD-Staatsminister für Europa, über Deutschlands bevorstehenden EU-Vorsitz, die Lebensdauer der Großen Koalition nach dem Rücktritt der CDU-Chefin und ein etwaiges Verbot der rechtspopulistischen AfD.
Überhaupt nicht. Es geht nicht darum, dass eine konservative Partei konservativ ist. Bei allen notwendigen Unterschiedlichkeiten einer lebendigen und streitbaren Demokratie muss es aber einen Grundkonsens geben, dass es mit den Rassisten, Demokratieverächtern und Nationalisten der AfD keine politische Zusammenarbeit geben kann. Wir alle haben in Thüringen erlebt, dass es darüber in der CDU keinen Konsens mehr gibt.
Manche versuchen, die Linkspartei und die AfD gleichzusetzen. Ich halte das für grob falsch und verantwortungslos. Bei aller Kritik, die ich als Sozialdemokrat auch an der Linkspartei habe, ist das keine Partei, die unsere Demokratie zerstören möchte und rassistisch ist. liert, bleibe aber dabei: Denn es gibt einen Nährboden für Rechtsextremismus, der ganz bewusst auch von der AfD gespeist wird. Wenn Herr Gauland sagt, dass ein Faschist wie Höcke zur Mitte der AfD gehört, wenn im Bundestag fremdenfeindliche Hetzreden gehalten werden, dann gibt es einen mittelbaren Zusammenhang.
Es geht nicht darum, dass der Attentäter psychisch gestört war. Er war ein Rassist. Wir sollten aufhören, solche Attentäter als Einzeltäter oder Verrückte abzutun. In Deutschland scheint der Grundkonsens abhandenzukommen, dass Nationalismus, Populismus, Rassismus, Antisemitismus bei uns nichts zu suchen haben. will nur daran erinnern, dass auch das Verbotsverfahren gegen die NPD gescheitert ist.
Natürlich ist es mein Sinnen und Trachten, dass diese Partei wieder von der politischen Landkarte verschwindet, aber ich möchte sie mit Argumenten bekämpfen und nicht mit Paragrafen.
Deutschland wird immer noch viel Vertrauen entgegengebracht. Unsere Rolle als Brückenbauer zwischen Ost und West, Nord-Süd, den Großen und den Kleinen wird nach wie vor geschätzt.
Es funktioniert leider nicht mehr so gut. Auch bei uns gibt es Politiker, die gern die Backen aufblasen. Ich gehöre nun nicht zu den HelmutKohl-Fans, aber seine Grundhaltung, respektvoll mit den Kleinen umzugehen, ist wichtig.
In der EU ist manches in Bewegung, nicht erst seit dem Brexit. Für Länder wie Schweden, Dänemark oder die Niederlande war das Vereinigte Königreich in vielen Fragen der engste Partner der EU. Umso wichtiger ist es, dass sich nun Deutschland noch stärker als Partner anbietet.
Macron hat recht, dass sich die EU nach ihrer Erweiterung nicht in notwendigem Maße reformiert hat, um ihre Handlungsfähigkeit zu gewährleisten. Das darf aber nicht heißen, dass wir Staaten, die zu uns gehören wollen, deshalb abstrafen und draußen halten. Ich halte nichts von einem Kerneuropa, denn das würde einen festen Zusammenschluss von Staaten bedeuten. Aber ich bin auch für eine Art Pioniergruppe, die in bestimmten Bereichen voranschreitet. Das darf aber keine geschlossene Gesellschaft sein. Im Übrigen machen wir das jetzt schon in der Euround in der Schengenzone.
Die Steuer- und Sozialpolitik. Und auch die Migrationspolitik, wenn wir dort nicht vorankommen.