Die Kleinen rittern um den zweiten Platz
Wahlsystem. Weit abgeschlagen hinter dem ÖVP-Wirtschaftsbund lagen zuletzt die Roten, die Blauen und die Grünen. Der Wirtschaftsbund hindere kleine Parteien, zur Wahl anzutreten, sagen sie. Dort versteht man die Aufregung nicht.
Der Gewinner der Wirtschaftskammer-Wahl steht – sofern es nicht zu einem Erdbeben in der Interessenvertretung kommt – auch heuer fest: Der ÖVP-Wirtschaftsbund. Bei der Wahl vor fünf Jahren erzielte er 66,6 Prozent der Stimmen und damit doppelt so viele wie alle anderen Fraktionen zusammen. Unterdessen rittern die kleinen Fraktionen um Platz zwei. Den belegte 2015 der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband (SWV) mit 10,8 Prozent, gefolgt von den Freiheitlichen (9,4 Prozent) und der Grünen Wirtschaft (9,1 Prozent). Die Grüne Wirtschaft will heuer ein zweistelliges Ergebnis einfahren und „die Zweidrittelmehrheit des ÖVP-Wirtschaftsbundes brechen“, sagt Bundessprecherin Sabine Jungwirth. Sie setzt, wie die Sozialdemokraten und die Unos, auf die vielen Kleinund Kleinstbetriebe, die immer mehr werden. 315.900 KammerMitglieder sind Ein-Personen-Unternehmen, mehr als die Hälfte.
Erstmals angetreten sind bei der Wahl 2015 die pinken Neos, die in der Wirtschaftskammer als Unos kandidieren. Sie kamen auf bescheidene zwei Prozent. Heuer treten sie zum ersten Mal bundesweit an – und das mit viel Getöse: Lang bevor sie geschlagen war, kündigten die Unos an, die Wahl anzufechten. Anlass sind Formalitäten, die dazu führten, dass sie in vielen Fachgruppen nicht antreten durften. Wegen fehlender Unterschriften auf dem Formular für den Wahlantritt seien viele Kandidatenerklärungen für ungültig erklärt worden, sagt Unos-Bundessprecher Michael Schuster. Er macht dafür den in der Kammer dominierenden ÖVP-Wirtschaftsbund verantwortlich, der kleine Fraktionen bewusst von der Wahl fernhalte. Dort versteht man die Aufregung nicht: Die Wahlkommission halte sich klar an die gesetzlichen Bestimmungen, und diese seien für alle Fraktionen gleich.
Für Diskussionen sorgt regelmäßig das Vermögen der Kammer. Zuletzt veröffentlichten die Neos eine Aufstellung, laut der die Wirtschaftskammer über Rücklagen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro verfüge. „Da liegt so viel Geld herum, dass man den Eindruck hat, die Wirtschaftskammer ist eine Bank“, sagt Schuster und fordert die Senkung der Mitgliedsbeiträge. (hie)