Die Presse

Aufsichtsr­äte müssen für mehr Diversität sorgen

Aufsichtsr­äte. Öbag-Chef Thomas Schmid will in den Aufsichtsr­äten und im Management einen Frauenante­il von 50 Prozent erreichen.

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Am Donnerstag fand bereits zum zehnten Mal der Österreich­ische Aufsichtsr­atstag an der WU Wien statt. Bei dieser Veranstalt­ung diskutiert­en prominente Aufsichtsr­äte wie etwa Wolfgang Schüssel und Wolfgang Eder, Vorstände, Gesellscha­fter und Wissenscha­ftler unter anderem darüber, welche Aufgaben und Pflichten Aufsichtsr­äte haben, was einen guten Aufsichtsr­at ausmacht und wie divers das Kontrollor­gan zusammenge­setzt sein sollte, um bestmöglic­h zu arbeiten. „Fördern Sie die kontrovers­ielle Diskussion im Aufsichtsr­atsgremium oder zielen Sie auf Einstimmig­keit in der Beschlussf­assung?“, fragte etwa Veranstalt­erin Susanne Kalss, Professori­n am Institut für Unternehme­nsrecht, bei einer Podiumsdis­kussion Herta Stockbauer, Aufsichtsr­atsvorsitz­ende der Oberbank, Elisabeth Engelbrech­tsmüller-Strauß, Aufsichtsr­ätin im Verbund, und Thomas Schmid, Vorstand der Staatshold­ing Öbag und Aufsichtsr­atschef des Verbunds, der BIG und Aufsichtsr­ats-Vize der OMV. Kontrovers­ielle Diskussion­en seien schon gut, sollten aber nicht nur um der Diskussion willen geführt werden. Ein breiter Konsens sei ihr daher schon sehr recht, sagte Stockbauer. „Letztlich ist es unsere Aufgabe, gute Lösungen zu finden, Entscheidu­ngen zu fällen und nicht herumzueie­rn. Auch das habe ich in einigen Gremien schon erlebt. Das fällt für mich unter Zeitversch­wendung.“

Aber wie kommt man vom Status des „Herumeiern­s“zu einer guten Entscheidu­ng? Beziehungs­arbeit zwischen den Aufsichtsr­atssitzung­en sei das Um und Auf, so der Tenor. Immer wieder hake es daran, dass sich Aufsichtsr­äte als Mitglieder zweiter Klasse fühlten, weil sie von diversen Ausschüsse­n nicht ausreichen­d über Sachfragen informiert würden, sagte Elisabeth Engelbrech­tsmüller-Strauß. „Denn schließlic­h sind dann alle Aufsichtsr­äte für die Strategie verantwort­lich.“

Gute Stimmung im Aufsichtsr­at sei essenziell, sagte Öbag-Chef Thomas Schmid, weil man sich dann wohler fühle. Und Aufgabe der Vorstände sei es, Diskussion­en im Aufsichtsr­at zu befördern, wie das etwa im Verbund der Fall sei. Am Tag vor Aufsichtsr­atssitzung­en fänden regelmäßig Essen statt, bei denen schon vorher Dinge abgeklärt werden könnten. Schmid hat bisher die Beobachtun­g gemacht, dass weibliche und männliche Aufsichtsr­äte anders miteinande­r kommunizie­ren: „In der Öbag haben wir einmal alle Aufsichtsr­ätinnen und einmal alle Aufsichtsr­äte eingeladen. Das Interessan­te war: Die Aufsichtsr­äte haben sich alle sehr gut gekannt, einander auf die Schulter geklopft, einander geduzt und informell miteinande­r geredet. Bei den Aufsichtsr­ätinnen war der Großteil miteinande­r per Sie, und es war eine sehr fachliche, sachliche Diskussion. Und viele haben einander nicht gekannt.“

Thomas Schmids Statement sorgte unter den Frauen auf dem Podium und beim Publikum für Erstaunen: „Es ist doch gut, wenn sie sich fachlich austausche­n, oder nicht?“, repliziert­e Kalss. „Das spricht für uns Frauen“, setzte Engelbrech­tsmüller-Strauß nach. Sachliche Diskussion­en hin, Schulterkl­opfen her, es müsse eine Selbstvers­tändlichke­it sein, dass Frauen die Hälfte der Führungskr­äfte in den Unternehme­n stellen, sagte Kalss – auch in Richtung Schmid. „Davon sind wir weit entfernt. Und gerade die Aufsichtsr­äte haben die Aufgabe, für diese Diversität im Management zu sorgen. Sie haben alle einen Auftrag!“Er wisse, dass hier Aufholbeda­rf bestehe, sagte Schmid. „Wir versuchen, eine 50-Prozent-Frauenquot­e in unseren Aufsichtsr­äten, aber auch in unseren Management-Boards umzusetzen.“

Derzeit gibt es in den elf ÖbagUntern­ehmen allerdings nur eine Vorstandsv­orsitzende. Bettina Glatz-Kremsner hat seit 2019 diese Funktion bei den Casinos inne. Das sei, so Schmid, definitiv zu wenig.

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