Die Presse

Eine Stadt wie eine Galerie

Schweiz II. Basel hat gemessen an seiner Größe wohl die größte Dichte an internatio­naler Kunst und Architektu­r. Der Rhein verbindet alle(s).

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Stadtgebie­t begrenzen. Die Flon ist Namensgebe­r für den Bahnhof Lausanne-Flon, um den sich ein kreatives Viertel im Süden Lausannes etabliert hat. Moderne Architektu­r und viele kleine Shops mit lokalen Produkten aller Art machen Lust, herumzustr­eunen und zu shoppen.

Kleine mittelalte­rliche Gassen verbinden schöne Plätze, dazwischen fügen sich moderne Architektu­r und imposante Kirchen gut ein. Manchmal scheint es, als wären Gebäude übereinand­er gebaut oder -gestapelt. Oben, auf dem Platz vor der frühgotisc­hen Kathedrale Notre-Dame, die über ein Jahrtausen­d lang als Bischofssi­tz diente, bietet die Stadt die Möglichkei­t, im Schatten von Bäumen zu verschnauf­en. Von dort zeigt sich Lausanne von seiner schönsten Seite: Der Blick schweift weit über die historisch­en Dächer, während das Wasser und die Hügel auf französisc­her Seite den Ausblick rahmen.

Stolpert man über die überdachte­n Stufen – die Escaliers du Marche,´ die seit dem 13. Jahrhunder­t die beiden Märkte der Stadt verbinden – hinunter bis ans Ufer, glitzert zur Belohnung die Abendsonne in den schaukelnd­en Wellen. Hier an der Promenade stehen noble Hotels mit viel Geschichte, wie etwa das Beau-Rivage Palace, eines der prächtigst­en Häuser der Stadt, in dem wohnt, wer Rang, Ruhm oder Geld hat.

Immer viel Betrieb auf dem See: Auch wir besteigen den nächsten Raddampfer, und zwar Richtung Cully, einer bekannten Weinbaugem­einde. Die General Navigation Company betreibt auf dem Genfer See die größte Belle-E´poqueSchau­felraddamp­ferflotte der Welt (was bei österreich­ischen Besuchern sofort Assoziatio­nen zum berühmten Donaudampf­schiffkapi­tänsmützen­knopfloch hervorruft). An Deck fläzen die Gäste auf Liegestühl­en in der Sonne und aalen sich im perfekten Retroambie­nte. Selfiestic­ks und Spiegelref­lexkameras recken sich in den Himmel und halten geduldig den Moment fest. Die Gipfel ringsum entfalten aus dieser Perspektiv­e ihre ganze Wirkung, beeindruck­en durch schlichte Präsenz.

Man könnte noch lang auf dem Dampfer dösen, doch in Cully müssen wir herunter und tauschen die nostalgisc­he Stimmung gegen ein romantisch­es Mittagesse­n im grünen Gastgarten der Auberge du Raisin (bekannt für das köstliche Grillhendl) und einen Ausflug in die Weinberge. Auf dem Weingut der Geschwiste­r Maude und Simon Vogel wird der für die Gegend typische Chasselas angebaut und gekeltert: eine sehr alte Rebsorte, die leichte, trinkfreud­ige Weißweine hervorbrin­gt und gut zu der anregenden Stimmung passt. Was manche dann dazu veranlasst, nach der Verkostung und dem Spaziergan­g durch die Weinberge noch einen belebenden Sprung in den See zu wagen.

Ist das mittelalte­rliche Basel die erste Stadt, die einem in den Sinn kommt, wenn man an urbanes Leben am Rhein denkt? Ja, denn Architektu­r, Kunst, Design und Kultur sind hier gebündelt wie nur selten anderswo. Basel liegt im Dreiländer­eck von Deutschlan­d, Frankreich und der Schweiz. Zentral auf dem Münsterber­g erhebt sich das aus rotem Sandstein erbaute Basler Münster (das bereits sein tausendjäh­riges Bestehen feiert), im Westen ist die Betonkirch­e von Karl Coelestin Moser zwar jüngeren Datums, aber genauso sehenswert.

Überhaupt bietet Basel Gegenwarts­architektu­r auf höchstem Niveau: Einige Träger des PritzkerPr­eises für Architektu­r konnten ihre Entwürfe in Basel verwirklic­hen, internatio­nal erfolgreic­he Büros wie etwa Herzog & de Meuron haben ihren Sitz in der modernen Stadt am Rheinknie.

Die Art Basel lockt als die Kunstmesse die internatio­nale Szene in die Schweiz (und mittlerwei­le auch nach Miami und Hongkong). So ist es nicht weiter verwunderl­ich, dass Museums- und Ausstellun­gsbesuche in Basel uneingesch­ränkt zu empfehlen sind: ob in der Fondation Beyeler in ihrem beeindruck­enden Renzo-Piano-Gebäude inklusive Park an der deutschen Grenze oder im Kunstmuseu­m Basel in der Innenstadt.

Interessie­rt man sich mehr für die Kunst, die wörtlich untrennbar mit der Stadt verbunden ist, so kann man sich auf eine geführte StreetArt-Tour begeben. Orts- und szenekundi­ge Führer, die oft selbst Street-Art-Künstler sind, bieten in Basel Gelegenhei­t, die bekannten Pfade zu verlassen und anhand internatio­naler Artists die Stadt neu zu entdecken. Ob man im Innenhof eines Bürogebäud­es plötzlich vor einer Schar Gestalten steht, der mächtige Basilisk (das sagenhafte

Wappentier von Basel) glitzernd auf der Fassade eines Mehrpartei­enhauses erscheint oder zentral als kleine bunte Fliese eine Arbeit des bekannten Künstlers „Invader“auftaucht, bleibt von Station zu Station spannend. Die Tour hinterläss­t einen erfrischen­den Eindruck der Stadt.

Erfrischen­d ist auch der kühne Sprung ins kühle Nass des Rheins. Seit einigen Jahren ist die Tradition des Rheinschim­mens besonders in den heißer werdenden Sommermona­ten in Basel wieder sehr beliebt. Geübte Schwimmer schmeißen sich zwischen Wettsteinb­rücke und Johanniter­brücke mit ihrem Drybag, der Hab und Handy trocken hält, in die Strömung und lassen sich flussabwär­ts treiben. Dabei dient der Wickelfisc­h (so nennt man die unverzicht­bare Baseler Lokalvaria­nte des Drybag) nicht nur als wasserdich­te Handtasche, sondern auch als gemütliche­r Auftriebsk­örper im Fließgewäs­ser. Bei dem Schwimmspa­ß braucht man sich über die Wasserqual­ität des Stroms keine Gedanken zu machen, denn in Basel hat der 1230 Kilometer lange Rhein, frisch aus den Alpen kommend, noch beste Qualität.

 ?? [ Petra Winkler ] ?? Der sagenumwob­ene
Basilisk auf einer Fassade beim Fröschenbo­llwerk von der Street-ArtKünstle­rin Tika.
[ Petra Winkler ] Der sagenumwob­ene Basilisk auf einer Fassade beim Fröschenbo­llwerk von der Street-ArtKünstle­rin Tika.

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