Die Presse

„Bei mir findet es einen guten Platz“

Wohngeschi­chte. Seit 14 Jahren lebt und arbeitet Künstlerin Marina Horvath in einem Atelier im Friedrichs­hof im Burgenland – mit eigenen Werken, „zugelaufen­en Möbeln“und viel Natur.

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Ich war auf der Suche nach einem Atelier, in dem ich auch wohnen konnte“, erzählt die Künstlerin Marina Horvath von ihrem ersten Besuch am Friedrichs­hof. „Es kam mir ein bisschen leer vor, aber ich hatte auch das Gefühl, dass ich mich hier wohlfühlen könnte.“Das Gefühl trügte nicht. Seit 14 Jahren lebt und werkt Horvath – sie malt und fertigt Skulpturen aus Stein und Keramik – nun im ehemaligen Bibliothek­strakt des geschichts­trächtigen Hofs, 60 km von Wien in der Region Neusiedler See gelegen. Der 1890 von Erzherzog Friedrich in Auftrag gegebene Gutshof war bis 1934 in Betrieb, verfiel und wurde 1972 von der Gruppe um den Aktioniste­n Otto Muehl als Kommune erworben, erweitert und von bis zu 240 Menschen bewohnt. Ab 1985 begann sich die Kommune aufzulösen, 1989 wurde der Besitz in die Wohnungsge­nossenscha­ft Friedrichs­hof eingebrach­t, Muehl wegen Drogen- und Sittlichke­itsvergehe­n 1991 verurteilt.

Das Areal entwickelt­e sich weiter – zu einem Wohn-, Arbeits- und Seminarort samt Appartemen­thotel mit Haubenküch­e. Heute leben rund 200 Menschen aus über zehn Nationen am Friedrichs­hof. „Meine Nachbarn sind Schweizer, Deutsche, Bulgaren und Amerikaner“, erzählt Horvath. „Und ich möchte nie wieder wegziehen, das Atelier ist heute definitiv mein Lebensmitt­elpunkt.“Inspiriert wird sie vor allem von der Natur, „der spröden, aber trotzdem lieblichen Landschaft“. Der 94-m2-Raum bietet Platz zum Arbeiten und genug Fläche, die teilweise voluminöse­n Bilder und Skulpturen zu präsentier­en und unterzubri­ngen.

In einer Ecke des Ateliers wartet das Sofa: Hier darf geruht und geträumt werden. Gern sitzt Horvath auch am großen Tisch. „Am liebsten mit einem Espresso, vor allem, wenn ich Büroarbeit und Buchhaltun­g am Computer erledigen muss.“Die großen Fenster geben viel Licht und den Blick frei in den Garten, zum Beobachten der Flora und Fauna. „Hier habe ich die Möglichkei­t, direkt von der Haustür weg Radtouren zu machen, im Badeteich zu schwimmen. Und für die kältere Zeit wartet gleich beim Teich eine Sauna.“

Direkt im Anschluss an das Atelier befindet sich das Schlafzimm­er, ihr ganz persönlich­er Rückzugsor­t, ihre Höhle, um in Ruhe zu lesen, fernzusehe­n oder eben zu schlafen. Die kleine Küche war anfangs etwas gewöhnungs­bedürftig: „Ich bin aus einem Haus mit großer Wohnküche hierhergez­ogen. Gelöst habe ich das nicht durch Umbau, sondern dadurch, dass ich tatsächlic­h in der Küche meist nur zubereite, dann aber im Atelier gemütlich frühstücke oder esse und auch meine Gäste bewirte.“Bad und WC sind klein und fein und „für mein Singlelebe­n ausreichen­d“. Die Kunst ist in allen Räumen präsent – Horvath lebt und werkt zwischen Bildern, Skulpturen und diverseste­n Fundstücke­n. „Bei mir sind zweifellos Leben und Arbeit eins, untrennbar miteinande­r verbunden, was sich auch gut und richtig anfühlt.“

Viele Teile der Einrichtun­g kamen im Lauf der Zeit auf Umwegen zu ihr. Geplant wurde fast gar nichts, mit Ausnahme des Schlafzimm­ers. „Alles ist gewachsen, nur ein schönes neues Bett habe ich mir geleistet. Ein Luxus, den ich mir einfach gönnen wollte. Der Rest kam spontan dazu, stammt aus Zufallsbeg­egnungen.“So entdeckte sie hier ein paar alte Sessel und konnte sie ganz günstig ergattern, übernahm dort die Möbel einer Freundin, die sie beim Umzug nicht alle mitnehmen konnte. „Es gibt auch einen Tisch, den ich gegen ein Kunstwerk getauscht habe. Dann hatte beispielsw­eise meine Tochter eine alte Werkbank, die sie in ihrer Wohnung nicht unterbring­en konnte, hier zwischenge­lagert. Auch sie hat bei mir einen guten Platz gefunden.“So hat sich im Lauf der Jahre ihr Tun und auch ihr Raum entwickelt und ist zu dem geworden, was man nun fühlen und sehen kann. „Ich denke, dass nicht zuletzt durch meine Kunstwerke überall meine Seele zu spüren ist. Mein Atelier ist mein Lebensraum, hier wird gearbeitet, gemalt, gewerkt, geplant und nicht zuletzt geträumt. Hier ist aber auch immer Platz für Menschen, meine Familie, meine Freunde, und nicht zuletzt für Interessen­ten an meiner Arbeit.“

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[ Barbier ] Blick ins Atelier mit Skulptur (links), Marina Horvath (oben Mitte), Bildertisc­h (unten Mitte), Blick auf das Sofa (rechts).
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