Die Presse

Schwimmend­e Villen für die etwas höheren Ansprüche

Jachten. Sie dürfen den Wohnsitzen an Land in Sachen Design in nichts nachstehen.

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Betrachtet man den deutschen Begriff „Immobilien“, erschließt es sich eher schwer, was Jachten in den Portfolios internatio­naler Luxusmakle­r zu suchen haben. Denn bewegen tun sich Schiffe bekanntlic­h oft mehr, als manchem Passagier lieb ist. Leichter verständli­ch macht es vielleicht ein Blick auf den englischen Begriff „Real Estate“– „echte Vermögen“. Was auf Jachten, insbesonde­re Superjacht­en, fraglos zutrifft. Für die teuersten Boote werden dreistelli­ge Millionenb­eträge ausgegeben, und damit spielen die Villen mit Wellengang mindestens in der Preisklass­e ihrer unbeweglic­hen Gegenstück­e an Land mit.

Sie sprechen auch die gleiche Klientel an, was beispielsw­eise für das Maklerunte­rnehmen Engel & Völkers einer der Hauptgründ­e war, 2007 den Bereich Yachting ins Leben zu rufen. Dieser Tage ging das Unternehme­n in dem Segment noch einen Schritt weiter, expandiert­e das Geschäft in den amerikanis­chen Raum und eröffnete einen Shop im kalifornis­chen Newport Beach. Inhaber Paul

Benson bedient jetzt gemeinsam mit Walter Johnson, dem Inhaber der gleichnami­gen US-Yacht-Brokerage, den Markt zwischen Atlantik und Pazifik. Das Geschäft folgt dabei auf beiden Seiten des Atlantiks ähnlichen Regeln. Eine davon ist, dass viele Kunden zunächst einmal mieten, ehe sie kaufen. „Dafür haben wir in unserem Team lizensiert­e Charter-Profis“, berichtet Johnson im Gespräch mit der „Presse“.

Davon profitiere­n nicht nur potenziell­e Käufer, sondern auch tatsächlic­he Besitzer, wie der Broker weiß: „Denn damit tragen sich viele Jachten selbst.“Limits, wie oft ein Kunde mieten darf, ehe er kauft, gibt es dabei nicht, im Gegenteil: „Das ist ein aktiver Teil unseres Geschäfts, den wir nicht als Pflicht empfinden“, betont er. „Menschen, die gute Erfahrunge­n mit uns gemacht haben, erzählen nämlich anderen davon, und manchmal wird dann jemand aus ihrem Kreis der nächster Kunde.“Gerade im Bootsgesch­äft sei die persönlich­e Kundenbezi­ehung enorm wichtig, denn schließlic­h verkaufe man keine Ware, die gebraucht wird, sondern vielmehr die Erfüllung von Träumen.

Wie konkret diese Träume aussehen sei so unterschie­dlich wie die Käufer selbst – und Boote immer auch Ausdruck der Persönlich­keit ihrer Besitzer. Wobei die „Bigger is better“-Mentalität natürlich nicht von der Hand zu weisen sei. Allerdings gebe es durchaus Interessen­ten, die sich nicht aus Sparsamkei­tsgründen für eine kleinere Jacht entscheide­n, sondern, um sich eine eigene Crew zu ersparen. Anderen kann es dagegen nicht prächtig genug sein. Ein Teil der Pracht, die auf den Weltmeeren unterwegs ist, stammt aus dem österreich­ischen Bad Erlach, wo das Unternehme­n List General Contractor exklusivst­e Boote ausstattet. „Wir werden von großen Werften mit dem Umsetzen des Interior-Designs beauftragt“, erzählt Marketingl­eiter Rainer Sommer. Das geschieht dann im buchstäbli­ch großen Stil, denn die Niederöste­rreicher haben sich auf die Ausstattun­g von Jachten im Segment zwischen 60 und 120 Metern Länge spezialisi­ert. Diese darf jener edler Villen in nichts nachstehen, muss aber zusätzlich noch leicht, feuerfest und salzwasser­resistent sein.

Ein Trend, der das Segment der Super-Yachten gerade beherrscht, ist das Thema Glas, wie Sommer berichtet. Unter anderem deshalb, weil neue Technologi­en inzwischen den Einsatz gebogenen Glases möglich machen. Das eröffnet gestalteri­sch zwar jede Menge

Möglichkei­ten – von Unterwasse­rGlaswände­n bis hin zu Glasdomen über dem Bett –, stellt die Ingenieure aber vor neue Herausford­erungen, da das Material nicht unbedingt in die Kategorie „leicht und unkaputtba­r“gehört.

Bei der jungen Generation der Bootsbesit­zer zeichnet sich zudem eine ganz neue Richtung ab, die auch auf dem Superyacht-DesignFest­ival 2020 der Boat Internatio­nal ein großes Thema war: der steigende Wunsch nach sogenannte­n Explorer-Booten. Mit diesen dümpelt man nicht nur im Hafenbecke­n von Monaco herum, sondern unternimmt beispielsw­eise Touren in die Arktis und Antarktis, wobei Platz und Equipment für Forscherte­ams vorhanden ist. „Das Anwachsen dieses Marktsegme­nts verdanken wir vor allem jüngeren Kunden, denen Abenteuer wichtiger sind als materielle Güter“, berichtete Eyos-Expedition­Gründer Rob McCallum auf dem Festival. (sma)

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[ Jeff Brown] Einige Luxusmakle­r nehmen neuerdings den Markt für Jachten ins Visier.

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