Was lässt Käse stinken?
Ursprünglich wurde Käse erzeugt, um Milch haltbar und transportfähig zu machen, da Rohmilch nicht ausreichend gekühlt werden konnte.
Forschungsfrage: Wie man Milch haltbar und transportfähig machte.
Die Käseherstellung hat eine sehr lange Tradition. Schon sehr früh begannen die Menschen mit der Milch der Nutztiere zu experimentieren, um sie in irgendeiner Form haltbar zu machen.
„Grundsätzlich geht es bei der Käseherstellung darum, das Eiweiß der Milch abzutragen, während das Fett passiv eingeschlossen wird. Das geschieht bei Frischkäsen in erster Linie durch Milchsäurebakterien, während für die Herstellung von Hartkäsen meist Lab, ein Gemisch aus den Enzymen Chymosin und Pepsin, das aus dem Labmagen junger Wiederkäuer gewonnen oder biotechnologisch hergestellt wird, verantwortlich ist“, erläutert Martin Wagner, Leiter der Abteilung für Lebensmittelmikrobiologie an der Vet-Med-Uni Wien.
Will man Hartkäse produzieren, muss die Masse erhitzt werden, um den Wasser- bzw. Molkegehalt weiter zu reduzieren und die Festigkeit und Lagerfähigkeit des Käses zu erhöhen. Anschließend wird dieser Käsebruch in den typischen Formen zu Laiben geformt und gepresst, um eine weitere Reduktion der Molke zu erzielen. Bis zu drei Jahre müssen bestimmte Käsesorten gelagert werden, um ihr volles Aroma entfalten zu können.
Für den Geschmack ausschlaggebend ist natürlich nicht nur die verwendete Milch – Kuh-, Schaf- oder Ziegenmilch –, sondern auch die Art der Tierhaltung, die Fütterung und nicht zuletzt die Herstellungsart. „Mögliche Zusätze wie Salz, Gewürze, Bakterien- und Pilzkulturen, die Nachbehandlung mit Salzlake oder Schimmel, die Reifebedingungen wie Temperatur und Feuchtigkeit sowie die Reifedauer entscheiden letztlich über den Geschmack und Geruch von
Käse“, erklärt Wagner. Wobei zwischen Geruch und Geschmack durchaus ein Unterschied bestehen kann. „Was wir riechen, sind im Grunde Spaltprodukte, Gase aus dem Abbaustoffwechsel des Eiweißes. Am geruchsintensivsten sind Rotschmierekäse, die mit unterschiedlichen Flüssigkeiten behandelt werden, die sogenannte Rotschmierebakterien enthalten“, sagt der Forscher.
Der Geruch wird also von Gasen bestimmt, der Geschmack aber auf der Zunge und im Rachenraum. „Das Geschmacksempfinden lässt sich chemisch oft gar nicht charakterisieren, es ist nicht eine bestimmte Substanz, sondern die Summenwirkung der verschiedenen Komponenten.“
Essverhalten und Erziehung
Warum aber empfinden manche Menschen den Geruch und Geschmack von intensivem Käse als angenehm und andere als unerträglich – eine Frage, die auch einen „Presse“Leser beschäftigt. „Ich führe das in erster Linie auf die kulturelle Tradition zurück, auf den soziokulturellen Stellenwert dieses Lebensmittels und damit letztlich auch auf das Essverhalten und die Erziehung.“
Es gibt Länder und Regionen, in denen bestimmte geruchsintensive Käsesorten eine sehr lange Tradition haben, wie etwa Frankreich, Italien oder die Schweiz. „Auch im Westen Österreichs wird die Käseherstellung seit Jahrhunderten kultiviert, vor allem von Hartkäse, der ein sehr wichtiger Bestandteil der Küche ist. Kinder wachsen ganz selbstverständlich damit auf, gewöhnen sich an den Geschmack und empfinden ihn daher meist als angenehm“, liefert Wagner eine Erklärung für das unterschiedliche Empfinden.
„Was wir riechen, sind Spaltprodukte, Gase aus dem Abbaustoffwechsel des Eiweißes.“
Martin Wagner, Vet-Med-Uni Wien