Rendi-Wagner verlor ihre Unterstützer
SPÖ. Im Zorn über die Mitgliederbefragung lässt nun auch Michael Ludwig die Parteichefin fallen. Er könnte auf Doris Bures setzen. Aber das gefällt nicht allen.
Wiens SP-Chef, Michael Ludwig, lässt die Parteichefin fallen. Er könnte jetzt auf Doris Bures setzen.
Wenn das keine Zeichen sind. Er werde die Wiener SPÖ nicht für Pamela Rendi-Wagners Mitgliederbefragung, in der die Parteichefin auch die Vertrauensfrage stellt, mobilisieren, kündigte Bürgermeister Michael Ludwig in der „Tiroler Tageszeitung“an. Das sei Sache der Bundespartei, Wien habe damit nichts zu tun. Auch in anderen Landesparteien hält sich der Mobilisierungseifer in Grenzen: Die Mitglieder seien mündig genug, so der Tenor zwischen Salzburg, Klagenfurt und Eisenstadt.
Ist die Befragung der 160.000 Parteimitglieder, die am Mittwoch beginnt und bis 2. April läuft, der Anfang vom Ende der Ära RendiWagner? In der SPÖ geht man gemeinhin davon aus. Der Unmut ist groß, besonders in Wien. Michael Ludwig soll die Parteivorsitzende – wie es heißt – „inständig“gebeten haben, die Befragung sein zu lassen. Weil er Ruhe bis zur Gemeinderatswahl im Herbst möchte. Doch Rendi-Wagner, beeinflusst von ihren Beratern, tat ihm diesen Gefallen nicht. Nach den anhaltenden Diskussionen um ihre Person will sie alles auf eine Karte setzen.
Kein zweites Pfeifkonzert
Doch was als Befreiungsschlag gedacht war, verkehrt sich nun ins Gegenteil. Kaum jemand in der SPÖ glaubt, dass Pamela RendiWagner am 1. Mai noch im Amt sein wird. Retten könnte sie theoretisch nur noch ein sehr gutes Ergebnis bei einer hohen Beteiligung. An der letzten Mitgliederbefragung im Juli 2018 unter Christian Kern nahmen allerdings nur etwas mehr als 20 Prozent teil. Und nach einem formidablen Ergebnis sieht es auch nicht gerade aus: Teilorganisationen wie die SJ oder Einzelpersonen wie Ex-Minister Caspar Einem haben bereits angekündigt, dass sie
Pamela Rendi-Wagner die Gefolgschaft verweigern werden.
Intern werden einstweilen Forderungen laut, die Parteivorsitzende möge eine Schmerzgrenze definieren – für das Ergebnis genauso wie für das Quorum. „Die Leute müssen das wissen, sonst bringt die Befragung nichts“, sagt ein hochrangiger Sozialdemokrat. Ein anderer meint, dass es nach diesem „handwerklich schweren Fehler“nur zwei Möglichkeiten gebe. Entweder man zwinge Rendi-Wagner, die Befragung abzusagen. Was aber aufgrund der Verknüpfung mit ihrem persönlichen Schicksal kaum möglich sei. Oder man nehme das Ergebnis zum Anlass, um sich von ihr zu trennen. Dann aber möglichst noch vor dem 1. Mai, weil sich Michael Ludwig ein Pfeifkonzert wie 2016 unter Werner Faymann ersparen wolle. Und erst recht eine Personaldebatte, die sich bis in den Herbst hinein zieht.
Die Stunde des Bürgermeisters
In der Partei rechnet man damit, dass der Bürgermeister die Dinge nun selbst in die Hand nimmt und bis April „Fakten schafft“. Sprich: einen Nachfolger installiert. Nicht der Medienmanager Gerhard Zeiler, der in Wien nach wie vor eine Lobby hat, und auch nicht sein ehemaliger Kontrahent Andreas Schieder, der zuletzt genannt wurde, sind Ludwigs Favoriten. Sondern Doris Bures. Zumindest interimistisch, heißt es. Und wenn es gut laufe, sei sie auch als Kanzlerkandidatin denkbar. Dabei wurden der Zweiten Nationalratspräsidentin eigentlich Ambitionen auf das Bundespräsidentenamt nachgesagt (sofern Alexander Van der Bellen 2022 nicht erneut kandi
diert). Im Zweifel würde sie sich aber wohl überreden lassen.
Doch in anderen Bundesländern regt sich Widerstand. Nicht nur gegen Doris Bures, sondern gegen „sämtliche Vertreter des alten Partei-Establishments, die am Abschwung der SPÖ mitgewirkt haben“. Außerhalb Wiens wünschen sich viele einen der beiden Landeshauptleute, „die Wahlen gewinnen können“, an die Parteispitze. Nämlich den Kärntner Peter Kaiser oder den Burgenländer Hans Peter Doskozil. Doch Kaiser will nicht. Und Doskozil kann jedenfalls im Moment nicht – die rote Alleinregierung im Burgenland wurde eben erst angelobt. Daher gibt es nun auch die Idee eines Weisenrats oder Senats: Kaiser, Doskozil und Ludwig sollen die SPÖ konsolidieren, neu aufstellen und sich auf der Suche nach einem neuen Vorsitzenden Zeit lassen. Motto: „Bloß nicht den nächsten personellen
Schnellschuss.“Auch eine Trennung zwischen Parteiführung und Kanzlerkandidatur ist denkbar. An dieser Stelle kommt erneut Hans Peter Doskozil ins Spiel – als Kanzlerkandidat, der sich dann vor der Nationalratswahl bitten lässt.
Aber das letzte Wort wird in Wien gesprochen. Und deshalb ist auch der Favorit der Parteilinken chancenlos: Ex-Bundesgeschäftsführer Max Lercher hat bei Michael Ludwig nicht den besten Stand.