Die Presse

Rendi-Wagner verlor ihre Unterstütz­er

SPÖ. Im Zorn über die Mitglieder­befragung lässt nun auch Michael Ludwig die Parteichef­in fallen. Er könnte auf Doris Bures setzen. Aber das gefällt nicht allen.

- VON THOMAS PRIOR UND RAINER NOWAK

Wiens SP-Chef, Michael Ludwig, lässt die Parteichef­in fallen. Er könnte jetzt auf Doris Bures setzen.

Wenn das keine Zeichen sind. Er werde die Wiener SPÖ nicht für Pamela Rendi-Wagners Mitglieder­befragung, in der die Parteichef­in auch die Vertrauens­frage stellt, mobilisier­en, kündigte Bürgermeis­ter Michael Ludwig in der „Tiroler Tageszeitu­ng“an. Das sei Sache der Bundespart­ei, Wien habe damit nichts zu tun. Auch in anderen Landespart­eien hält sich der Mobilisier­ungseifer in Grenzen: Die Mitglieder seien mündig genug, so der Tenor zwischen Salzburg, Klagenfurt und Eisenstadt.

Ist die Befragung der 160.000 Parteimitg­lieder, die am Mittwoch beginnt und bis 2. April läuft, der Anfang vom Ende der Ära RendiWagne­r? In der SPÖ geht man gemeinhin davon aus. Der Unmut ist groß, besonders in Wien. Michael Ludwig soll die Parteivors­itzende – wie es heißt – „inständig“gebeten haben, die Befragung sein zu lassen. Weil er Ruhe bis zur Gemeindera­tswahl im Herbst möchte. Doch Rendi-Wagner, beeinfluss­t von ihren Beratern, tat ihm diesen Gefallen nicht. Nach den anhaltende­n Diskussion­en um ihre Person will sie alles auf eine Karte setzen.

Kein zweites Pfeifkonze­rt

Doch was als Befreiungs­schlag gedacht war, verkehrt sich nun ins Gegenteil. Kaum jemand in der SPÖ glaubt, dass Pamela RendiWagne­r am 1. Mai noch im Amt sein wird. Retten könnte sie theoretisc­h nur noch ein sehr gutes Ergebnis bei einer hohen Beteiligun­g. An der letzten Mitglieder­befragung im Juli 2018 unter Christian Kern nahmen allerdings nur etwas mehr als 20 Prozent teil. Und nach einem formidable­n Ergebnis sieht es auch nicht gerade aus: Teilorgani­sationen wie die SJ oder Einzelpers­onen wie Ex-Minister Caspar Einem haben bereits angekündig­t, dass sie

Pamela Rendi-Wagner die Gefolgscha­ft verweigern werden.

Intern werden einstweile­n Forderunge­n laut, die Parteivors­itzende möge eine Schmerzgre­nze definieren – für das Ergebnis genauso wie für das Quorum. „Die Leute müssen das wissen, sonst bringt die Befragung nichts“, sagt ein hochrangig­er Sozialdemo­krat. Ein anderer meint, dass es nach diesem „handwerkli­ch schweren Fehler“nur zwei Möglichkei­ten gebe. Entweder man zwinge Rendi-Wagner, die Befragung abzusagen. Was aber aufgrund der Verknüpfun­g mit ihrem persönlich­en Schicksal kaum möglich sei. Oder man nehme das Ergebnis zum Anlass, um sich von ihr zu trennen. Dann aber möglichst noch vor dem 1. Mai, weil sich Michael Ludwig ein Pfeifkonze­rt wie 2016 unter Werner Faymann ersparen wolle. Und erst recht eine Personalde­batte, die sich bis in den Herbst hinein zieht.

Die Stunde des Bürgermeis­ters

In der Partei rechnet man damit, dass der Bürgermeis­ter die Dinge nun selbst in die Hand nimmt und bis April „Fakten schafft“. Sprich: einen Nachfolger installier­t. Nicht der Medienmana­ger Gerhard Zeiler, der in Wien nach wie vor eine Lobby hat, und auch nicht sein ehemaliger Kontrahent Andreas Schieder, der zuletzt genannt wurde, sind Ludwigs Favoriten. Sondern Doris Bures. Zumindest interimist­isch, heißt es. Und wenn es gut laufe, sei sie auch als Kanzlerkan­didatin denkbar. Dabei wurden der Zweiten Nationalra­tspräsiden­tin eigentlich Ambitionen auf das Bundespräs­identenamt nachgesagt (sofern Alexander Van der Bellen 2022 nicht erneut kandi

diert). Im Zweifel würde sie sich aber wohl überreden lassen.

Doch in anderen Bundesländ­ern regt sich Widerstand. Nicht nur gegen Doris Bures, sondern gegen „sämtliche Vertreter des alten Partei-Establishm­ents, die am Abschwung der SPÖ mitgewirkt haben“. Außerhalb Wiens wünschen sich viele einen der beiden Landeshaup­tleute, „die Wahlen gewinnen können“, an die Parteispit­ze. Nämlich den Kärntner Peter Kaiser oder den Burgenländ­er Hans Peter Doskozil. Doch Kaiser will nicht. Und Doskozil kann jedenfalls im Moment nicht – die rote Alleinregi­erung im Burgenland wurde eben erst angelobt. Daher gibt es nun auch die Idee eines Weisenrats oder Senats: Kaiser, Doskozil und Ludwig sollen die SPÖ konsolidie­ren, neu aufstellen und sich auf der Suche nach einem neuen Vorsitzend­en Zeit lassen. Motto: „Bloß nicht den nächsten personelle­n

Schnellsch­uss.“Auch eine Trennung zwischen Parteiführ­ung und Kanzlerkan­didatur ist denkbar. An dieser Stelle kommt erneut Hans Peter Doskozil ins Spiel – als Kanzlerkan­didat, der sich dann vor der Nationalra­tswahl bitten lässt.

Aber das letzte Wort wird in Wien gesprochen. Und deshalb ist auch der Favorit der Parteilink­en chancenlos: Ex-Bundesgesc­häftsführe­r Max Lercher hat bei Michael Ludwig nicht den besten Stand.

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