Die Presse

Gegenwind für Ölkonzerne

Zertifikat­e. Den Ölkonzerne­n bläst ein rauer Wind entgegen, eine Konsolidie­rungswelle rollt durch den Sektor. Das bringt auch Chancen.

- VON RAJA KORINEK

Wien. Kaum eine Anlageklas­se hat für derart fulminante Schlagzeil­en gesorgt wie zuletzt die Preisentwi­cklung des Rohöls. Und das ist wenig verwunderl­ich. Denn der Kurssturz inmitten der Coronakris­e war einmalig. Vor wenigen Wochen rutschte die US-Marke WTI sogar unter die Null-DollarMark­e. Doch aus handfesten Gründen, wie Ritu Vohora, Investment Director beim britischen Vermögensv­erwalter M&G Investment­s, erklärt.

Vohora sagt, „das internatio­nale Ölkartell Opec und seine Verbündete­n haben erfolglos versucht, die Produktion zu drosseln. Der zum falschen Zeitpunkt geführte Krieg um Marktantei­le zwischen Saudiarabi­en und Russland verschärft­e das Überangebo­t“. Hinzu kommt die gedrosselt­e Nachfrage seitens der Verbrauche­r. Schließlic­h wurde inmitten der Reiseverbo­te kaum gefahren. Dabei macht der Transport einen großen Teil der Ölnachfrag­e – in Form von Treibstoff­en – aus.

Weniger Dividende

Die Geschehnis­se haben tiefe Spuren bei den Ölkonzerne­n hinterlass­en, wie ein Blick auf die Kursentwic­klung des MSCI World Energy Index zeigt. Auf Eurobasis verlor die Branchenme­sslatte seit Jahresbegi­nn bis Mitte Mai rund 40 Prozent, wobei Ölmultis wie Exxon und Chevron aus den USA, aber auch Total und Royal Dutch Shell aus Europa zu den größten Positionen zählen. Ihnen weht in diesem Umfeld jedenfalls ein rauer Wind entgegen. Die M&G-Expertin meint, sinkende Ölpreise hätten viele große Unternehme­n gezwungen, ihre Investitio­nen – und sogar Dividenden – zu kürzen. Zuletzt entschied sich Royal Dutch Shell erstmals seit 1940 zu solch einem Schritt.

Dennoch sieht Vohora auch Lichtblick­e: Immerhin forcieren zahlreiche Ölfirmen den Wandel hin zu mehr Nachhaltig­keit. So soll etwa der Anteil an der erneuerbar­en Energiepro­duktion erhöht werden, womit die Abhängigke­it von der Ölprodukti­on sinken würde. Obendrein dürfte die Krise eine Konsolidie­rungswelle einläuten, meint Vohora. Klare Fusionsfav­oriten gibt es bereits: Allein in Europa halten Marktbeoba­chter einen solchen Schritt zwischen BP und Royal Dutch Shell sowie zwischen Total und Eni für möglich.

Allerdings brauchen solche Konsolidie­rungsschri­tte Zeit. Für Anleger, die zunächst mit einer Seitwärtsb­ewegung bei den Aktienkurs­en europäisch­er Ölmultis rechnen, gibt es dennoch eine Möglichkei­t, daran zu verdienen, nämlich anhand von Aktienanle­ihen. Diese Zertifikat­e kombiniere­n dabei Eigenschaf­ten einer Aktienund einer Anleiheanl­age: Grundsätzl­ich bezieht sich das Produkt auf eine ausgewählt­e Aktie. Bei Emission wird der jeweilige Aktienkurs als sogenannte­r Basispreis festgesetz­t. Während der Laufzeit schwankt der Kurs des Zertifikat­s mit jenem der Aktie. Und bei Fälligkeit? Liegt der Aktienkurs auf oder über dem Basispreis, erhalten Anleger ihr Kapital zurück.

Fixer Kupon

Liegt der Kurs hingegen unter dem Basispreis, erhalten Anleger stattdesse­n die Aktien. Man erleidet dann zwar einen Verlust. Allerdings kann man die Papiere im Depot liegen lassen, sofern man mit Kursgewinn­en zu einem späteren Zeitpunkt rechnet. In beiden Szenarien erhalten Anleger zudem einen fixen Kupon.

Auf Total bietet die UniCredit eine Aktienanle­ihe an (DE000HZ8XE­M3). Der Basispreis liegt bei 34 Euro, der Kupon bei 17 Prozent p. a. Letzter Handelstag ist am 18. Dezember 2020. Auf Royal Dutch Shell bietet Vontobel ein solches Produkt an (DE000VP1QC­55). Hier liegt der Basispreis bei 15,50 Euro und der Kupon bei 18 Prozent p.a. Letzter Handelstag ist am 18. Dezember 2020.

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