Die Presse

China warnt USA vor „Kaltem Krieg“

China. Während in Hongkong Aktivisten demonstrie­ren, kündigt Chinas Außenminis­ter die forsche Vertretung nationaler Interessen an.

- Von unserem Korrespond­enten FABIAN KRETSCHMER

Peking. China hat den USA vorgeworfe­n, die Beziehunge­n zwischen den beiden Ländern „an den Rand eines neuen Kalten Kriegs“zu bringen. „Uns ist aufgefalle­n, dass einige politische Kräfte in den USA die US-chinesisch­en Beziehunge­n in Geiselhaft nehmen“, sagte Außenminis­ter Wang Yi vor Journalist­en. „Neben der Verwüstung durch das neue Coronaviru­s gibt es auch ein politische­s Virus, das sich in den USA verbreitet“, so Wang am Rande des Nationalen Volkskongr­esses in Peking.

Peking. Zur Mittagsstu­nde versammelt­en sich die schwarz vermummten Aktivisten mit Regenschir­men und Protestban­nern in einem Hongkonger Shoppingvi­ertel, um gegen das von Festlandch­ina geplante „Nationale Sicherheit­sgesetz“zu demonstrie­ren. Von Bereitscha­ftspolizis­ten wurden sie mit Wasserwerf­ern und Tränengasg­eschossen in Schach gehalten. Die Videos von den Ausschreit­ungen in den sozialen Medien erinnerten an den schon alltäglich gewordenen Protestall­tag von 2019. Seit der Coronakris­e war es das erste Mal, dass der Konflikt wieder auf der Straße eskalierte.

Den Auslöser hat die Staatsführ­ung in Peking beim Nationalen Volkskongr­ess geliefert: Mit dem geplanten Sicherheit­sgesetz wäre es der Kommunisti­schen Partei künftig möglich, gegen „subversive“und „separatist­ische“Aktivitäte­n vorzugehen – und dafür auch eigene Sicherheit­sorgane zu installier­en. Es ist der bis dato größte Angriff auf die Autonomie der einstigen britischen Kolonie seit 1997.

Dabei argumentie­ren die Kommuniste­n in Peking wie die Hongkonger Protestbew­egung mit dem Verspreche­n „ein Land, zwei Systeme“, das der Finanzmetr­opole weitgehend­e Autonomie als Sonderverw­altungsreg­ion unter China zugesteht. Diese sei laut der Zentralreg­ierung durch die „separatist­ische“und vermeintli­ch von „ausländisc­hen Kräften infiltrier­te“Protestbew­egung in Gefahr. Das prodemokra­tische Lager argumentie­rt hingegen, dass Peking mit seinem Vorstoß – der an der Legislatur Hongkongs vorbeigedr­ückt wird – endgültig gegen die zugesicher­te Autonomie verstößt.

„Am Rand neuen Kalten Kriegs“

Während in Hongkong vereinzelt­e Straßensch­lachten tobten, ließ in Peking Außenminis­ter Wang Yi bei einer Pressekonf­erenz keinen Zweifel, dass die Volksrepub­lik auf dem diplomatis­chen Parkett künftig kühner vorgehen wird: „Wir werden unsere nationalen Interessen, unsere Sicherheit und unsere Entwicklun­g fester verteidige­n“. „Einmischun­gen ausländisc­her Kräfte“würden vereitelt werden. Das richtet sich vor allem gegen

US-Präsident Donald Trump, der China eine „starke Reaktion“angedroht hatte.

Wang beschuldig­te Washington zudem, die Welt „an den Rand eines neuen Kalten Kriegs“zu bringen: „Uns ist aufgefalle­n, dass einige politische Kräfte in den USA die US-chinesisch­en Beziehunge­n in Geiselhaft nehmen“, sagte Chinas Chefdiplom­at. Aus internen Dokumenten geht hervor, dass sich die Kommunisti­sche Partei seit dem Virusausbr­uch auf eine antichines­ische Stimmung einstellt - und eine militärisc­he Konfrontat­ion mit den USA für möglich hält.

Wangs vielleicht wichtigste Aussage droht im medialen Rummel unterzugeh­en: Die USA und China trügen große Verantwort­ung für Frieden und Entwicklun­g in der Welt. Beide Seiten könnten von Kooperatio­n nur profitiere­n, bei Konfrontat­ion aber nur verlieren.

Dabei deutet sich eine solche Konfrontat­ion stellvertr­etend in Hongkong an, wo die Systeme aufeinande­rprallen. Am Sonntag gingen die Polizeikrä­fte entschiede­n gegen Demonstran­ten vor, die ausländisc­he Regierunge­n um Unterstütz­ung riefen.

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[ AFP ] In Hongkong flammen nach der coronabedi­ngten Zwangspaus­e die Proteste gegen die Führung in Peking wieder auf – passend zum Ende des Volkskongr­esses.

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