Die Presse

„Aufpassen, dass die Matura nicht entwertet wird“

Die Idee, die Note der Abschlussk­lasse zu berücksich­tigen, halten die Lehrer prinzipiel­l für vernünftig.

- VON JULIA NEUHAUSER

Wien. Österreich­weit werden heute, Dienstag, um Punkt 8.30 Uhr die Aufgaben der Deutsch-Zentralmat­ura ausgeteilt. Den rund 40.000 Maturanten bleiben sechs Stunden, um zu arbeiten. Das ist eine Stunde mehr als sonst. Denn heuer gilt es, mindestens einmal pro Stunde für fünf Minuten zu lüften.

Diese Regel wird es vermutlich nur heuer geben. Die im „CoronaJahr­gang“gewählte Form der Beurteilun­g, nämlich die schulische­n Vorleistun­gen mit einzubezie­hen, möchte Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP), wie die „Presse“berichtete, hingegen beibehalte­n. Die Maturanote soll sich also auch künftig aus der Note im Abschlussz­eugnis und der Prüfungsno­te zusammense­tzen. Eine „gravierend­e

Reform“nennt das Herbert Weiß. Der oberste AHS-Lehrergewe­rkschafter wünscht sich vom Minister deshalb „grundsätzl­iche Überlegung­en“– und zwar unter Einbeziehu­ng der Gewerkscha­ft.

Prinzipiel­l zeigt sich der Lehrervert­reter jedenfalls offen für die Idee. Es gebe Vor- und Nachteile. Diese Form der Benotung würde das Abschlussj­ahr aufwerten. Das sei gut. Zugleich müsse man aber „aufpassen, dass die Matura nicht entwertet wird“, warnt Weiß. Schüler, die bereits vor der Matura wissen, dass sie bestanden haben, könnten die Reifeprüfu­ng „dann nicht mehr ernst nehmen“.

Deshalb müsse man sich die Regelung im Detail überlegen. Und vielleicht Ausnahmen für „Extremfäll­e“schaffen. Es soll vermieden werden, dass die Schüler, die ihre Matura schon vor der Prüfung in der Tasche haben, gar nichts mehr lernen. Denn de facto haben heuer all jene Kandidaten die Matura bereits vorab bestanden, die in den Fächern, in denen sie maturieren, die achte bzw. fünfte Klasse mit einem Einser, Zweier oder Dreier abgeschlos­sen haben.

Bereits am Montag, den ersten Tag der schriftlic­hen Reifeprüfu­ng, dürften deshalb einzelne Kandidaten die Klausur unbearbeit­et abgegeben haben.

4,2 Millionen DIN-A4-Seiten

Dennoch zeigt sich auch die Gewerkscha­ft an den berufsbild­enden Schulen von der Idee des Ministers angetan. „Der Vorschlag ist vernünftig. Ich habe mir schon lang gewünscht, von dieser punktuelle­n Prüfung wegzukomme­n“, sagt Roland Gangl, Vorsitzend­er der BMHS-Lehrergewe­rkschaft zur „Presse“. Es sei gerechter, nicht nur die Leistung am Tag X zu bewerten, sondern die Gesamtperf­ormance. Auch in anderen Ländern sei das durchaus üblich.

Die Zentralmat­ura ist eine Großverans­taltung. Insgesamt werden dafür rund 4,2 Millionen DIN-A4-Seiten gedruckt. Die meisten Kandidaten treten am Dienstag im Fach Deutsch an. Es sind rund 40.000. Bereits am Mittwoch folgt die Klausur im Fach Englisch. Hier werden fast 27.000 Maturanten an AHS und BHS erwartet. Am Donnerstag steht die zentrale Prüfung in Mathematik auf dem Programm. In dem Fach werden voraussich­tlich rund 38.000 Maturanten antreten. Für viele wird die Matura dann schon wieder vorbei sein.

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