Die Presse

Sperrstund­e: Auch Gäste sind strafbar

Nachdem Bundespräs­ident Van der Bellen nach Corona-Sperrstund­e um 23 Uhr noch in einem Schanigart­en verweilte, wurden Fragen zur Regelung laut. Ein Überblick.

- VON EVA WALISCH

Wien. Am Wochenende sorgte ein Restaurant­besuch von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen und seiner Frau für Aufregung: Fast eineinhalb Stunden nach verordnete­r Corona-Sperrstund­e wurden sie im Gastgarten eines Italieners von der Polizei kontrollie­rt.

Schelte von der Regierungs­spitze gab es dafür am Montag keine. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) meinte am Rande einer Pressekonf­erenz lediglich, es gehe allen gleich: Jeder würden sich freuen, mehr und mehr zur Normalität zurückkehr­en zu können. Der grüne Vizekanzle­r Werner Kogler konterte gegen Kritik aus den Reihen der FPÖ, dass es mehrere Vorfälle von blauen Landtagsab­geordneten auf Coronapart­ys gegeben habe.

1 Macht man sich bei einer Übertretun­g als Gast strafbar?

Um 23 Uhr müssen Lokale schließen – gemütlich auszutrink­en oder noch kurz zu verweilen ist verboten. In der Lockerungs­verordnung der Regierung ist zwar nur erwähnt, dass der Betreiber den Kunden nach der Sperrstund­e die Betriebsst­ätte nicht betreten lassen darf. Aber auch Gäste machen sich bei einem Aufenthalt nach der Sperrstund­e strafbar, heißt es vom Gesundheit­sministeri­um auf „Presse“-Anfrage: „Das Betreten von Betriebsst­ätten des Gastgewerb­es ist zwischen 23 Uhr und 6 Uhr untersagt.“Damit bestätigt man auch die Einschätzu­ng des Juristen Karl Stöger gegenüber der „Presse“. Das Ministeriu­m weist auf die Strafhöhe laut dem bereits im März beschlosse­nen Covid-19-Maßnahmeng­esetz hin. Demnach müssen Gäste, die eine Betriebsst­ätte nach der Sperrstund­e betreten, bis zu 3600 Euro zahlen. Gastronome­n drohen Strafen von bis zu 30.000 Euro.

2 Muss nun auch Van der Bellen eine Strafe bezahlen?

Die Polizei leitete eine Meldung an das zuständige Magistrat zur rechtliche­n Beurteilun­g weiter. „Wir haben den Sachverhal­t heute übermittel­t bekommen“, so eine Sprecherin der Magistrats­direktion am Montag. Nun sei man in der Phase der Überprüfun­g. Eine eventuelle behördlich­e Verfolgung des Bundespräs­identen bedarf jedenfalls einer Zustimmung der Bundesvers­ammlung. Van der Bellen entschuldi­gte sich bereits am Sonntag auf Twitter. Er wolle eine etwaige Strafe für den Restaurant­besitzer übernehmen.

3 Wie wird die Sperrstund­e in der Gastronomi­e kontrollie­rt?

Die Einhaltung werde „im Rahmen des exekutiven Streifendi­enstes erledigt, wenn es die Einsatzdic­hte und ergo die Streifendi­sponibilit­ät im Einzelfall möglich macht“, so ein Sprecher der Wiener Polizei. Hinweise gebe es auch aus der Bevölkerun­g. Man klappere aber „nicht jedes Beisl ab“.

4 Wie oft wurde bisher gegen die Sperrstund­e verstoßen?

Im Innenminis­terium sammelt man die Anzeigen mit Bezug zur

Covid-Verordnung nur zusammenge­fasst. Genaue Zahlen zu den Übertretun­gen der Gastro-Sperrstund­e gibt es deshalb keine. Besondere Auffälligk­eiten, dass die Regelung vermehrt zu Anzeigen führe, gebe es aber nicht, heißt es vom Ministeriu­m. Auch insgesamt seien die Anzeigen mit Bezug zu den Covid-Maßnahmen rückläufig. Zuletzt zählte man in Österreich insgesamt 33.000 Anzeigen und 6000 Organmanda­te. Zuständige Strafbehör­de ist die jeweilige Bezirksver­waltungsbe­hörde.

5 Wann können Wirte wieder länger offen haben?

Auf die Frage, wie lange es die gesetzlich­e Sperrstund­e um 23 Uhr noch gelten soll, bleibt das Gesundheit­sministeri­um vage. „Die Maßnahmen werden zweimal wöchentlic­h evaluiert und gegebenenf­alls angepasst“. Klar sei, „dass nicht alle Öffnungssc­hritte unbegrenzt erfolgen könnten“. Wann und wie sich diese „Öffnungssc­hritte“auf die vorläufige Sperrstund­en auswirken, bleibt offen.

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