Warum Menschen krisenfest sind
Forscherin Rönnau-Böse über den Umgang mit Krisen in Zeiten von Corona.
Wien. Warum scheinen manche Menschen besser mit Schicksalsschlägen umzugehen als andere? Ist Widerstandsfähigkeit angeboren oder kann sie erlernt werden? Und wie zerbricht man nicht an Krisen - sondern geht gestärkt aus ihnen hervor?
In Zeiten der Corona-Krise stehen diese Fragen derzeit im Zentrum. Dabei dreht sich alles um Resilienz. „Es ist die Kompetenz, Belastungen und Krisen (. . .) angemessen bewältigen zu können“, erklärt die ResilienzForscherin Maike Rönnau-Böse der „Presse“. Auf der persönlichen Ebene kann dies etwa die Fähigkeit sein, Probleme zu lösen. Auf der sozialen Ebene ist es zum Beispiel ein soziales und unterstützendes Netzwerk. „Menschen können aufgrund dieser Schutzfaktoren besser mit schwierigen Situationen umgehen. Sie entwickeln eigene Ideen, holen sich Trost und Unterstützung, kennen eigene Stärken und wissen diese einzusetzen. Sie kennen aber auch ihre Grenzen“, meint die Resilienz-Forscherin: „Aber niemand kann immer zu allen Zeiten und in allen Situationen resilient mit Belastungen umgehen.“
„Nicht angeboren“
Wie eignet man sich Resilienz an? „Resilienz ist nicht angeboren“, betont die Expertin. Allerdings könne man sie auch nicht so einfach in einem „Resilienzkurs“erlernen und sich so für die Härten des Lebens wappnen. Es ist vielmehr ein lebenslanger Prozess. „Je öfter ich die Erfahrung mache, dass ich Stärken und Fähigkeiten habe, mit deren Hilfe ich Belastungen bewältigen kann, und Menschen, die mich unterstützen, desto mehr vertraue ich darauf, dass ich auch weitere Krisen bewältigen werde.“Ein solcher
Prozess beinhaltet immer auch Trauer, Angst, Schmerz oder Wut, ist anstrengend und benötigt Kraft. Der Unterschied ist dann aber, ob man in diesen Gefühlen gefangen bleibt oder es schafft, diese zu überwinden“, so Rönnau-Böse, die eine Bezugsperson als wichtigsten Schutzfaktor sieht. Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen haben sich gut entwickelt, wenn sie andere Bezugspersonen, z. B. Großeltern, pädagogische Fachkräfte in Kindergärten und Schulen, oder Freunde hatten, hat die Co-Leiterin des Zentrums für Kinder und Jugendforschung Freiburg beobachtet.
Eine Krise zu bewältigen meint nicht, sich gar nichts anhaben zu lassen, stellt sie fest. Aber: „Wenn ich sie bewältigt habe, ist es eine Erfahrung mehr, die mir verdeutlicht: Ich bin Situationen nicht hilflos ausgeliefert. Und es wird wieder Zeiten geben, in denen es mir wieder besser geht.“