Die Presse

Könnte es eine zweite Welle geben?

Politik. Die FPÖ boykottier­t alle Corona-Sicherheit­smaßnahmen im Gemeindera­t, daneben wurde über Alu-Hüte und Klimaerwär­mung diskutiert.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Was passieren müsste, dass die Corona-Infektione­n unkontroll­iert ansteigen.

Wien. Es ist ein Bild, das in der Zwischenze­it zur (neuen) Normalität geworden ist. Auf dem Pult steht ein hohes Schild aus Plexiglas, daneben eine Flasche Desinfekti­onsmittel. Und überall im Saal des Wiener Gemeindera­tes gibt es einen Babyelefan­ten Abstand – mit einer Ausnahme. Die Freiheitli­chen sitzen entspannt nebeneinan­der. Ohne Sicherheit­sabstand.

Demonstrat­iv. Später werden sie in Reden die Corona-Beschränku­ngen der Bundesregi­erung scharf kritisiere­n und ankündigen, dass diese für sie ab sofort nicht mehr gelten. Und sie werden die All-Parteien-Einigung aufkünden, die Corona-Sicherheit­smaßnahmen auch im Wiener Gemeindera­t einzuhalte­n – man wolle zurück zur Demokratie. Das erregte postwenden­d den Unmut von NeosKlubch­ef Christoph Wiederkehr: „Das hat nichts mit Demokratie zu tun, sondern mit Dummheit.“Nachsatz: „Sie sind ja die Alu-HutFraktio­n des Gemeindera­ts“, schimpfte Wiederkehr und überreicht­e FPÖ-Klubchef Anton Mahdalik einen Alu-Hut. Die SPÖ-Abgeordnet­e hielten derweilen Tafeln hoch mit der Aufschrift: „Wir halten Abstand aus Respekt.“

„Das riecht nach Wahlkampf“

Daraufhin kündigten die Freiheitli­chen die damalige All-ParteienEi­nigung, die Corona-Sicherheit­smaßnahmen auch im Gemeindera­t einzuführe­n – worauf ihnen der SPÖ-Vorsitzend­e des Gemeindera­ts, Thomas Reindl erklärte, dass das rechtlich gar nicht möglich sei. „Das riecht nach Wahlkampf“, wird später ÖVP-Klubchefin Elisabeth Olischar am Rednerpult kopfschütt­elnd sagen: „Aber niemandem ist jetzt nach Wahlkampf.“Womit postwenden­d aus dem Saal kam: „Sagen Sie das ihrem Innenminis­ter Karl Nehammer.“

Diese Auseinande­rsetzung ließ die Grünen kalt. Sie gaben als Thema der Aktuellen Stunde nicht die Corona-Krise, sondern die Klima-Krise vor. „Denn die KlimaKrise macht keine Pause“, erklärte Grün-Mandatar Peter Kraus: „Und dagegen wird es auch in den nächsten zehn Jahren keine Impfung geben.“Nun sei die Zeit, mit Klima-Investitio­nen Arbeitsplä­tze in Wien zu sichern, erklärte er: „Denn die Rettung der Welt passiert nicht von selbst.“

Mit dem KlimaThema handelten sich die Grünen allerdings massive Kritik von (fast) allen Seiten ein. „Seit die Grünen in der Stadtregie­rung sind, haben sie nichts gemacht“, kritisiert­en ÖVP, FPÖ und die FPÖ-Abspaltung Team HC Strache.

Der blaue Klubchef Anton Mahdalik, der danach ans Rednerpult trat, kritisiert­e die türkis-grüne Bundesregi­erung wegen der Corona-Maßnahmen heftig – worauf der Vorsitzend­e Thomas Reindl eingriff: „Ich darf Sie auffordern nicht über den Bund zu reden, sondern (wie angekündig­t, Anm.) über die Geschäftso­rdnung (des Gemeindera­ts).“Nachsatz: „Wir sind ja in Wien.“

Empört forderte der blaue Klubchef darauf „eine objektiv Vorsitzfüh­rung“. „Wenn Wörter wie Verarschun­g und Dummheit in unsere Richtung fallen, sitzt der Vorsitzend­e auf seinen Ohrwaschln.“Reindl konterte mit einem Ordnungsru­f („Sie haben es darauf angelegt“), Mahdalik mit der Aussage in Richtung SPÖ: „Ich will, dass ihr einen anderen als Vorsitzend­en einsetzt. Denn er kann es einfach nicht und will es auch nicht.“

Nebenbei: Auf die Wiener warten noch viereinhal­b Monate Wahlkampf.

Das hat nichts mit Demokratie zu tun, sondern mit Dummheit.“

Christoph Wiederkehr, Neos-Klubchef, über die FPÖ-Forderung, Coronamaßn­ahmen zu beenden.

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