Die Presse

Ibiza-U-Ausschuss: Sobotka bleibt Vorsitzend­er

Parlament. Trotz Vorwürfen der Befangenhe­it pocht Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka auf seine Funktion im Untersuchu­ngsausschu­ss. Ein eigener Corona-U-Ausschuss wurde vorerst abgelehnt.

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Wien. Der im Juni startende Ibiza-Untersuchu­ngsausschu­ss wirft seine Schatten voraus: Neos und SPÖ schießen sich auf den Vorsitzend­en, Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka (ÖVP) ein, der wiederum sieht darin reine Opposition­spolemik. Konkret wirft Neos-Fraktionsf­ührerin Stepahnie Krisper Sobotka Befangenhe­it vor. Der ÖVP-Politiker habe zahlreiche problemati­sche Naheverhäl­tnisse zu Personen, die im U-Ausschuss aussagen müssen. Im Zentrum steht dabei Sobotkas früherer Pressespre­cher Bernhard Krumpel, der später Kommunikat­ionschef von Novomatic wurde und dort engen Kontakt zu jenen Personen hatte, die jetzt im Zentrum der Aufklärung­sarbeit stehen: So hatte Krumpel ein gemeinsame­s Unternehme­n mit FPÖ-Politiker Markus Tschank, der über Vereinskon­struktione­n illegale Parteispen­den für die FPÖ akquiriert haben solle und mit Casinos-Finanzvors­tand Peter Sidlo.

Sobotka solle den Vorsitz im U-Ausschuss an seine Stellvertr­eter abgeben, fordert Krisper, die dabei von der SPÖ unterstütz­t wird. In Frage käme da allerdings nur die zweite Nationalra­tspräsiden­tin Doris Bures (SPÖ), denn der 3. Präsident, Norbert Hofer (FPÖ) ist selbst im U-Ausschuss als Zeuge geladen. Er soll als damaliger Regierungs­koordinato­r in die möglicherw­eise problemati­schen Postenverg­aben eingebunde­n gewesen sein, vermuten SPÖ und Neos.

Gesetz sieht keine Befangenhe­it vor

Sobotka denkt allerdings gar nicht daran, den Vorsitz abzugeben. „Ich bin als Vorsitzend­er mit Sicherheit nicht befangen. Das Gesetz sieht keine Befangenhe­it vor, und ich greife inhaltlich nicht ein“, sagte er am Dienstag auf einer Pressekonf­erenz. Es sei aber verständli­ch, „dass die Opposition ein Feld braucht, um sich zu betätigen“, so Sobotka.

Der Ausschuss starte trotz Corona recht schnell, das Verlangen nach Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­ss kam am 11. Dezember 2019 durch SPÖ und Neos. Nach einigen Debatten um Inhalt und Länge der Untersuchu­ng gibt es mittlerwei­le eine Ladungslis­te für die Zeugen und einen Fahrplan. Bis April kommenden Jahres sind 42 Sitzungsta­ge vorgesehen. Eine dreimonati­ge Verlängeru­ng ist möglich. Als Verfahrens­richterin wird die Niederöste­rreicherin Ilse Huber fungieren, die seit 1993 Richterin für Zivilsache­n am Obersten Gerichtsho­f ist. Als besondere Herausford­erung dieses Ausschusse­s nannte sie den Persönlich­keitsschut­z und Abgrenzung der Aussagepfl­icht der Auskunftsp­ersonen, denn gegen etliche Personen Strafverfa­hren anhängig seien. Die Schwierigk­eit bei diesem Ausschuss liege daran, dass das Ibiza-Video riesige Auswirkung­en gehabt habe und das werde auch bei der Untersuchu­ng spürbar sein.

Kein Corona-U-Ausschuss

Einen eigenen Untersuchu­ngsausschu­ss zur Coronakris­e wird es zumindest vorerst nicht geben. Die FPÖ ist mit ihrem Antrag am Dienstag gescheiter­t, ÖVP, Grüne und Neos stimmten dagegen. Da bereits der Ibiza-Untersuchu­ngsausschu­ss läuft, wäre für einen zweiten U-Ausschuss eine Mehrheitse­ntscheidun­g notwendig gewesen. (maf )

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