Streit in Serbien über Asylabkommen mit Wien
Migration. Außenminister Daˇci´c weist Berichte über neue Aufnahmelager und einen „Geheimvertrag“mit Österreich zurück. Österreichs Innenministerium bestätigte eine „Arbeitsvereinbarung“zur Überstellung von Migranten.
Belgrad. Die serbische Regierung hat Berichte dementiert, wonach in dem Balkanstaat Aufnahmelager für aus Österreich abgeschobene Flüchtlinge eingerichtet werden sollen. Es bestehe mit Österreich weder irgendein spezifisches Abkommen über die Rückführung von Migranten, noch sei in Serbien die Eröffnung neuer Aufnahmezentren für Flüchtlinge geplant, sagte Außenminister Ivica Daciˇc´ der Belgrader Zeitung „Blic“.
In den vergangenen Tagen ist in serbischen sozialen Medien vermehrt über einen „Geheimvertrag“zwischen Belgrad und Wien zur Abschiebung von in Österreich unerwünschten Migranten spekuliert worden. Zuvor machte ein anonymer Beitrag im Netz über die angebliche Planung eines Aufnahmelagers für 10.000 Flüchtlinge in Valjevo die Runde. Als „Unsinn“wie
„die Landung von Marsmenschen in Valjevo“bezeichnete der Chef des staatlichen Flüchtlingskommissariats, Vladimir Cucic,´ die Berichte gegenüber „Blic“. Daciˇc´ sagte, dass „der Versuch der Politisierung dieser Frage in Österreich“nun nach Serbien übergeschwappt sei.
Abkommen mit Kickl
Der frühere FPÖ-Innenminister Herbert Kickl hatte im vergangenen Herbst in einer ORF-Sendung über einen mit Serbien „zustande gebrachten“Vertrag zur „Rücknahme“abgelehnter Asylbewerber gesprochen. Auf parlamentarische Anfrage der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper bestätigte das mittlerweile von der ÖVP geführte Innenministerium im April eine noch von Kickl geschlossene „Arbeitsvereinbarung“mit Serbiens Innenminister.
Die Vereinbarung sei am 24. April 2019 unterzeichnet worden.
Demnach sollen Migranten überstellt werden, deren Asylantrag in Österreich abgelehnt wurde, die von ihren Herkunftsstaaten nicht zurückgenommen werden und für die ein „ausreichender Bezug zu Serbien“besteht. Das würde etwa Personen betreffen, die auf ihrem Weg nach Österreich durch Serbien gereist sind. Zugleich müssten die serbischen Behörden jede Rückführung nochmals bestätigen.
Wahlkampfdebatte in Serbien
Das Konzept zur Umsetzung der Absichtserklärung sei „in Ausarbeitung“, heißt es in der Anfragebeantwortung. Beim grünen Koalitionspartner stößt das von ÖVP-Innenminister Karl Nehammer weiter verfolgte Projekt auf Kritik.
Serbiens Regierung kommt die Debatte derweil eher ungelegen: Am 21. Juni stehen in Parlamentswahlen an. Nachdem rechtsextreme Gruppierungen in Serbien mehrfach für ein massiveres Vorgehen gegen illegal eingereiste Migranten demonstriert hatten, schlägt auch Belgrad auffällig härtere Töne gegenüber den unerwünschten Grenzgängern an. So hat Präsident Aleksandar Vuciˇc´ die Überwachung von drei Aufnahmelagern an der Grenze zu Kroatien durch die Armee angeordnet – nach Ansicht von Flüchtlingsorganisationen eine völlig überzogene Maßnahme.
In den Aufnahmelagern Serbiens sind derzeit rund 7000 Menschen untergebracht. Die Zahl der außerhalb der Lager biwakierenden Transitflüchtlinge ist unbekannt. Serbien ist für die vor allem aus Pakistan, Afghanistan und Syrien stammenden Flüchtlinge und Migranten nur eine Zwischenstation: Meist versuchen sie, auf der sich ständig ändernden Balkanroute über Bosnien und Herzegowina in die Europäische Union und in Schengenstaaten zu gelangen.