„Es wird kein niederländisches Veto geben“
Coronahilfen. Nicht nur Österreich zeigt sich bei der Ausgestaltung des EU-Hilfspakets für die von der Seuche besonders stark betroffenen Länder und Branchen gesprächsbereit – auch die Niederländer wollen in Brüssel konstruktiv sein.
Den Haag. Die „Sparsamen Vier“sind in aller Munde. Seit sich die Niederlande, Österreich, Schweden und Dänemark gegen den deutschfranzösischen Corona-Hilfsfondsplan mit einem Volumen von 500 Mrd. Euro und in Form von Zuschüssen ausgesprochen haben, ist der Begriff nicht nur in Brüssel zu einem geflügelten Wort geworden – dort heißen sie „The Frugal Four“. In den Niederlanden wiederum nennt man sie in einem kurzen Stabreim „de vrekkige vier“– die „Geizigen Vier“, was eine negativere Bedeutung hat als die „Sparsamen Vier“oder die „Frechen Vier“, wie sie in Anspielung auf eine TV-Kinderserie auch noch genannt werden.
Quartett stellt Bedingungen
Fest steht: Den Haag, Wien, Stockholm und Kopenhagen bieten Berlin und Paris die Stirn – mit einem
Gegenvorschlag, der rechtzeitig an die Öffentlichkeit kam, noch bevor die EU-Kommission am heutigen Mittwoch ihr Corona-Rettungspaket sowie ihren Haushaltsentwurf 2021-2027 vorlegen wird. Darin stellen die ,,Sparsamen Vier‘‘ Bedingungen an die Vergabe der Gelder: keine „wesentliche Erhöhung“des EU-Haushalts, Kredite statt Darlehen, sowie Bedingungen für die Finanzhilfen – sie sollen in die Forschung, das Gesundheitssystem, wirtschaftliche Reformen sowie den Umweltschutz fließen. Nun, da aber der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz zu Wochenbeginn signalisiert hat, Österreich sei gesprächsbereit, stellt sich die Frage, ob auch die übrigen drei des Quartetts einlenken und einem möglichen von der EU-Kommission vorgelegten Kompromiss zustimmen werden. In Den Haag sieht es ganz danach aus, dass auch der liberale Regierungschef Mark Rutte und sein christdemokratischer Finanzminister Wopke Hoekstra zu einem Kompromiss bereit sind. „Es wird kein niederländisches Veto geben“, sagt ein Haager Diplomat.
Außerdem: Die Chemie zwischen den beiden niederländischen Politikern stimmt, obwohl sie anderen Parteien angehören, wobei Hoekstra gegenüber der EU eher kompromissbereit ist als Rutte, der gerade seine Mutter verloren hat. Sie starb im Alter von 96 Jahren. Aber ein EU-CoronaKompromiss muss für die MitteRechtsregierung in Den Haag so aussehen, dass dieser auch den Wählern verständlich gemacht werden kann, da die Euro-Skepsis in den Niederlanden groß ist und im März 2021 Wahlen stattfinden.
Populistische Querschüsse
Die EU-Kritik wird in Holland von zwei populistischen Parteien geschürt: der rechtspopulistischen Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders und dem Forum für Demokratie (FvD) von Thierry Baudet. Beide plädieren für den Austritt der Niederlande aus der EU. Wilders will ferner auch den niederländischen Gulden wieder einführen und die Eurozone verlassen.
Deshalb können Premier Rutte und Finanzminister Hoekstra schon aus innenpolitischen Erwägungen nur einem Kompromiss in Sachen Corona-Hilfsfonds zustimmen, der wichtige Teile ihrer Vorschläge beinhaltet. Beispielsweise der Forderung, dass ein solcher Corona-Hilfsfonds nicht nur aus Zuschüssen bestehen dürfe, sondern zumindest teilweise auch aus Krediten, die zurückzuzahlen sind – möglicherweise im Verhältnis 50 Prozent Zuschüsse, 50 Prozent Kredite. Dass die Niederlande als Nettozahler in der EU keinen größeren Beitrag zum neuen EUHaushalt 2021-2027 leisten müssen, ist ein weiteres Anliegen.