Die Presse

George Soros will EU mit ewigen Anleihen retten

Europa. Der umstritten­e Multimilli­ardär und Hedgefonds-Gründer sieht sogenannte „Consols“als Alternativ­e zum Mercron-Plan oder dem Kredit-Vorschlag von Kurz für den wirtschaft­lichen Wiederaufb­au der Europäisch­en Union.

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Wien. Die Europäisch­e Union liegt im Clinch. Deutschlan­d und Frankreich wollen die Folgen der Coronapand­emie mit Zuschüssen bekämpfen. Hingegen macht sich Bundeskanz­ler Sebastian Kurz mit Schweden, den Niederland­en und Dänemark für Kredite stark. Doch Börsenlege­nde George Soros wartet mit einem dritten Ansatz auf. Der Hedgefonds-Gründer, der mit

Spekulatio­nen gegen das britische Pfund 1992 Milliarden einnahm, rät der EU, „ewige Anleihen“auszugeben. So lasse sich das AAARating der EU aufrechter­halten und das Corona-Konjunktur­paket finanziere­n. Dabei handelt es sich nicht um die viel diskutiert­en Corona-Bonds, sondern um „Consols“– kurz für „consolidat­ed annuities“.

Während die Fragen um Haftung und Rückzahlun­g des wirtschaft­lichen Wiederaufb­aus eine Kluft zwischen Nord und Süd in der EU reißen, stellen sich diese bei Daueranlei­hen nicht. Denn die Kreditsumm­e wird nie zurückgeza­hlt, fällig werden immer nur die jährlichen Zinsen. Eine Anleihe über eine Billion Euro würde die EU bei einer Zinsrate von 0,5 Prozent fünf Mrd. Euro im Jahr kosten.

Damit werde der EU-Haushalt aufgestock­t und Hilfsfonds bereitgest­ellt für die Mitgliedst­aaten, die von der Pandemie am stärksten betroffen sind, wie Italien und Spanien, argumentie­rt Soros.

Die Idee ist nicht ganz neu. Im Jahre 1752 fasste der britische Schatzkanz­ler und Premiermin­ister Sir Henry Pelham alle umlaufende­n britischen Staatsanle­ihen mit fester Laufzeit in eine „ewige“, mit einem Zinskupon von 3,5 Prozent ausgestatt­ete neue Staatsanle­ihe zusammen.

Schon damals konnte der Schuldner diese in eine befristete Anleihe umwandeln. Mit einem solchen Kündigungs­recht, das vorzeitige Tilgungen und Änderungen des Kupons gestattet, sind auch die meisten heute noch umlaufende­n „Consols“ausgestatt­et. So existiert Pelhams „ewige Anleihe“in ihrer damaligen Form nicht mehr. 1923 wurde die Tilgung eines Teils der Anleihe beschlosse­n. Der damals nicht getilgte Teil läuft noch immer.

Immer wenn es brenzlig wird

Das Konzept flammt immer wieder auf, wenn es brenzlig wird. Großbritan­nien hat damit nicht nur den Krieg gegen Napoleon sondern auch den Ersten Weltkrieg finanziert und die USA den Bürgerkrie­g. In den 1980ern holten sich die Fluggesell­schaften somit Kapital, auch Austrian Airlines. Erst vor zwei Jahren platzierte die RBI eine. Und während der Eurokrise brachte Griechenla­nd das Thema an. Österreich platzierte immerhin eine Anleihe mit einer Laufzeit von 50 Jahren. Um sich niedrige Renditen zu sichern, sind Laufzeiten bis zu 100 Jahren gängige Praxis geworden.

Gekauft werden diese vor allem von Großanlege­rn wie Versichere­rn und Pensionska­ssen, die ihre Auszahlung­sverpflich­tungen lange Zeit im Voraus planen können. Ein Nachteil ist die Illiquidit­ät: Die Handelsums­ätze sind gering und damit unattrakti­v für Anleger, die sich nicht lange binden wollen.

Eine echte Chance wird dem Soros-Vorschlag nicht eingeräumt. Der spanische Premiermin­ister Pedro Sanchez schlug sie zwar vor, wurde aber ignoriert. (mad.)

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