Preisschlacht um Antikörpertests
Tests. Die Nachfrage nach Covid-19-Antikörpertests ist weltweit enorm. Deshalb beeilen sich Firmen, ihr Produkt auf den Markt zu bringen und mit niedrigen Preisen zu punkten.
Wien. Die Nachfrage nach CoronaAntikörpertests ist weltweit enorm. Mit diesen Tests soll festgestellt werden, ob der Getestete bereits Antikörper gegen Covid-19 gebildet hat – also die Infektion schon hatte. Mit flächendeckenden Testungen soll es gelingen, das Ausmaß der Pandemie in einzelnen Regionen zu eruieren.
Diagnostik- und Pharmafirmen sind deshalb seit Wochen damit beschäftigt, ihre Testkapazitäten auszubauen und die Produktion hochzufahren, um die begehrte Ware möglichst schnell zu liefern.
Erst am Dienstag hat Siemens Healthineers bekannt gegeben, bereits mit der Auslieferung seiner neuen Antikörpertests begonnen zu haben. Auch die USA will der Konzern mit seinen Tests versorgen, man sei in der Lage, mehr als 50 Millionen Tests pro Monat bereitzustellen.
Politiker werben für Roche
Siemens findet sich mit seinem neuen Test in bester Gesellschaft: Auch der US-Konzern Abbott hat bereits sein neues Produkt lanciert und will es ebenfalls millionenfach verkaufen. Ziel ist es, bis Juni eine
Kapazität von 60 Millionen Antikörpertests erreichen zu können. Der Schweizer Mitbewerber Roche hat seinen neuen Test jüngst ebenfalls – sehr medienwirksam – vorgestellt. Die Konkurrenz findet die PR-Strategie sehr fragwürdig.
Als Roche Anfang Mai in einer virtuellen Pressekonferenz ankündigte, nun mit seinem neuen Produkt auf den Markt zu gehen, erhielten die Schweizer kräftig Rückenwind vom deutschen Gesundheitsminister, Jens Spahn (CDU), und Bayerns Ministerpräsident, Markus Söder (CSU). Letzterer hielt den Roche-Test bereitwillig in die Kamera und Spahn nannte den Test den „soweit uns bekannt besten Test“. Wie kann der Gesundheitsminister ausdrücklich den Test eines bestimmten Anbieters favorisieren und noch dazu behaupten, die anderen hätten nichts Ebenbürtiges zu bieten, zürnten die anderen Diagnostikkonzerne. Labors berichteten, dass nach der Pressekonferenz vermehrt Kunden angerufen hätten, um sich zu vergewissern, ob der von Spahn empfohlene Test verwendet werde.
Noch etwas stört die vielen anderen Anbieter der Covid-19-Tests. Angeblich will Roche sein Produkt zu einem sehr niedrigen Preis an Ärzte und Labors abgeben; nämlich zu 1,43 Euro pro Test – und sich auf diese Weise die Vormachtstellung am Markt sichern. Das könnte auch gelingen, denn mit einem so günstigen Preis können die meisten Mitbewerber, vor allem die kleineren, nicht mithalten. Der Durchschnittspreis der Tests bewegt sich derzeit zwischen vier und sechs Euro. Offiziell will Roche die 1,43 Euro nicht bestätigen.
Keine behördliche Zulassung
Mit einem ganz anderen Problem sind jedoch die Getesteten konfrontiert. An der Qualität und der tatsächlichen Aussagekraft der Antikörpertests bestehen noch immer große Zweifel. So werden mitunter Produkte verwendet, die nur in 60 Prozent der Fälle zu einem richtigen Ergebnis kommen. „Ich weiß derzeit von keinem Antikörpertest, auf den zu 100 Prozent Verlass ist“, sagt Philipp Lindinger von der Interessenvertretung Medizinprodukte-Unternehmen.
Fragt sich nur, wie es möglich sein kann, dass Testpräparate aus aller Herren Länder den Markt fluten, die mehr zur Verwirrung als zur Aufklärung beitragen. Das hat damit zu tun, dass diese Tests nicht zu den Arzneimitteln zählen, sondern Medizinprodukte sind. Während für Arzneimittel bekanntlich sehr strenge Zulassungsverfahren gelten, ist das bei Medizinprodukten oftmals anders. Antikörpertests etwa müssen nach der derzeitigen Rechtslage von keiner Behörde überprüft werden, bevor sie verkauft werden können. „Jeder Hersteller kann sich die Zulassung selbst erteilen, haftet aber auch für die Angaben, die er in seinen Unterlagen macht“, sagt Lindinger.
Das Problem dabei: Wenn sich der Prüfling selbst prüft, wird er tendenziell milde mit sich sein. Das hat auch das österreichische Gesundheitsministerium erkannt. Seit vier Wochen bastelt es an der „Verordnung betreffend SarsCoV-2-Tests“, deren Erlass sowohl das BASG (Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen) als auch die Austromed schon dringend ersehnt. Der Entwurf sieht nämlich vor, dass alle angebotenen Antikörpertests von einer unabhängigen Stelle überprüft – und hernach nur die besten für den heimischen Markt freigegeben werden sollen.
Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums sagte zur „Presse“, die Verordnung werde schon in den nächsten Tagen erlassen.