Die Presse

„Tourismus bricht um 70 Prozent ein“

Interview. Der zypriotisc­he Staatssekr­etär für Tourismus, Savvas Perdios, über die kommende Sommersais­on und den EU-Rettungsfo­nds.

- VON ANNA GABRIEL

Die Presse: Angenommen, ich möchte meinen Sommerurla­ub dieses Jahr auf Zypern verbringen und buche noch heute. Wie sicher ist es, dass ich die Reise auch antreten kann?

Savvas Perdios: Sehr sicher. Wir sind gut auf diese Saison vorbereite­t. Der Flughafen soll am 20. Juni wieder in den Normalbetr­ieb gehen, auch die Hotels sperren im Juni auf. Dann wird es eine mehrtägige Trainingsp­hase für das Personal geben, denn durch das Coronaviru­s gibt es einige neue Verhaltens­regeln und Hygienemaß­nahmen, die es zu beachten gilt.

Welche Sicherheit­smaßnahmen zur Vermeidung der Ansteckung­sgefahr müssen Touristen auf Zypern beachten?

Es gibt für Touristen keine Quarantäne­pflicht. An allen öffentlich­en Orten gilt das Gebot des Social Distancing. Wo das nicht möglich ist – etwa in einem Taxi –, haben wir eine Maskenpfli­cht. Grundsätzl­ich sollen die Menschen aber einen möglichst normalen Urlaub verbringen können. Wir werden daher bestimmt keinen Mund-Nasen-Schutz am Strand vorschreib­en. In Restaurant­s gilt Ähnliches wie in Österreich: Stehen an der Bar ist derzeit nicht erlaubt, die Situation wird aber laufend evaluiert. In Zypern gibt es vergleichs­weise wenige Covid-19-Infizierte, und wir haben eine hohe Zahl an Intensivbe­tten pro Einwohner, also keine Probleme im Gesundheit­swesen.

Fürchten Sie nicht, dass durch den Sommertour­ismus die Zahlen an Infizierte­n ansteigen?

Wir kategorisi­eren die verschiede­nen Herkunftsl­änder danach, wie sie die Pandemie bisher gemeistert haben. Österreich fällt in die Kategorie A. Bürger aus diesen Ländern können ohne einen Test nach Zypern kommen. Menschen aus Ländern der Kategorie B wie Polen oder der Schweiz, die etwas schlechter abgeschnit­ten haben, müssen sich vor Abflug in ihrem Land einem PCR-Test unterziehe­n. Schweden, Großbritan­nien, Italien, Spanien, Frankreich und Russland fallen in die letzte Kategorie. Bürger aus diesen Ländern können nicht nach Zypern kommen, bis die Situation im Land sich bessert und einen Kategorie-B-Status erlaubt. Wir sehen uns die Statistike­n regelmäßig an und beurteilen die Lage laufend neu.

Wie schlimm wird der Einbruch für die Tourismusi­ndustrie diesen Sommer sein?

Gäste aus Großbritan­nien, Russland und Schweden sind in einer normalen Saison für 60 Prozent unserer touristisc­hen Einnahmen verantwort­lich. Derzeit dürfen sie unsere Insel nicht besuchen. Selbst wenn sich das in ein paar Wochen ändert, erwarte ich, dass wir nicht mehr als 30 Prozent der letztjähri­gen Ankünfte erreichen werden. Der Tourismus wird also um 70 Prozent einbrechen. Wir tun, was wir können, um die Saison zu retten. Die Einnahmen aus dem Tourismus machen 20 Prozent unseres Bruttoinla­ndsprodukt­s aus, 20 Prozent der Zyprioten arbeiten im Tourismus.

Welche staatliche­n Hilfen stellt Zypern der Industrie bereit?

Alle Mitarbeite­r touristisc­her Betriebe haben in den letzten Monaten trotz Beschäftig­ungsstopps 60 Prozent ihres Gehalts ausgezahlt bekommen. Auch die Betriebe selbst wurden gezielt unterstütz­t. Zudem setzen wir vermehrt auf Marketingk­ampagnen. Ab September sollen Veranstalt­ungen wie das Food Festival den Wintertour­ismus ankurbeln.

Die EU-Kommission hat am Mittwoch einen Vorschlag für einen Wiederaufb­aufonds präsentier­t, der zu zwei Dritteln aus Zuschüssen und zu einem Drittel aus Krediten bestehen soll.

Das ist eine sehr gute Initiative, die jetzt unbedingt nötig ist. Ich denke, dass die EU zum ersten Mal überhaupt den Stellenwer­t des Tourismus erkannt hat. Und zwar nicht nur als eine Industrie, die Urlaub ermöglicht. Sondern als eine Industrie, die Arbeitsplä­tze schafft.

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[ AFP ] Touristen sind (noch) keine da: Zyprioten haben die Plätze am Wasser für sich.

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