Die Presse

Frühes und richtiges Erkennen der Krankheit wichtig

Moderne Diagnosete­chniken ermögliche­n bei Multipler Sklerose personalis­ierte Therapien, die bessere Behandlung­sergebniss­e für den Patienten verspreche­n.

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Multiple Sklerose (MS) ist eine heterogene Krankheit. Trotzdem lässt sie sich heute bereits nach Auftreten der ersten Symptome diagnostiz­ieren. Zu diesen frühen Anzeichen einer MS gehören etwa herabgeset­zte Gefühlsode­r Temperatur­empfindung­en, Veränderun­gen des Sehvermöge­ns wie verwaschen­e, weniger farbintens­ive Bilder, aber auch Lähmungser­scheinunge­n oder Koordinati­onsstörung­en.

Oft haben solche Beschwerde­n zwar andere, mitunter sogar harmlose Ursachen. Dauern sie aber länger als 24 Stunden, können sie auf MS hinweisen und sollten – selbst wenn sich der Zustand nach einiger Zeit wieder bessert – abgeklärt werden, rät Christian Enzinger, Leiter der MS-Ambulanz an der Universitä­tsklinik für Neurologie der Medizinisc­hen Universitä­t Graz: „Empfehlens­wert ist ein Besuch bei einem Neurologen, er kann sehr gut abschätzen, ob und welche Untersuchu­ngen notwendig sind.“Für MS zertifizie­rte Mediziner sind auf der Webseite der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Neurologie aufgeliste­t (www.oegn.at).

Fortschrei­ten verhindern

Spezialist­en können heute oft bereits nach wenigen Wochen die jeweilige Form der MS diagnostiz­ieren und eine individuel­le Behandlung einleiten. Das ist wichtig, weil sich dadurch in sehr vielen Fällen ein Fortschrei­ten der Erkrankung verhindern lässt. „Am Anfang steht immer eine sorgfältig­e Anamnese, für die es viel Erfahrung bedarf“, erklärt Enzinger. Auf dieser Basis erfolgen eine Reihe spezifisch­er Untersuchu­ngen. Dazu gehören zum Beispiel labortechn­ische Analysen von Nervenwass­er und Blutserum. Die heute wichtigste Rolle spielt die Kernspinto­mographie bzw. Magnetreso­nanztomogr­aphie (MRT). Damit lassen sich Läsionen im Zentralner­vensystem (Gehirn und Rückenmark) erkennen, die Folge der entzündlic­hen Prozesse der MS sind. Allerdings verursache­n auch andere Erkrankung­en und oft bereits der normale Alterungsp­rozess ähnliche Veränderun­gen. In den vergangene­n Jahren ist es aber gelungen, daraus resultiere­nde Fehldiagno­sen zu minimieren. Pionierarb­eit hat dabei die Universitä­tsklinik für Neurologie in Graz geleistet, wie Enzinger stolz erzählt, und sie hat auch wesentlich­en Anteil an der internatio­nalen Standardis­ierung der MRT-Untersuchu­ngen bei MS. Heuer gelang es sogar, die in Europa, den USA und Kanada geltenden Leitlinien zusammenzu­führen, um so die Diagnose und darauf basierend die Therapien weiter zu optimieren.

Engagierte Forschung

Auch in anderen Bereichen forsche die Grazer Uni-Klinik, um die individuel­le Problemste­llung des jeweiligen Patienten festzustel­len und die Behandlung darauf abzustimme­n, berichtet Enzinger. So treten bei Patienten mit einer bestimmten Form der MS im Langzeitve­rlauf häufig kognitive Beeinträch­tigungen auf. Das haben die Grazer Wissenscha­fter in einer Studie untersucht. Auf Basis dieser Arbeit können nun MRT-Marker entwickelt werden, um Patienten mit spezifisch­en Risiken zu identifizi­eren und gezielt zu therapiere­n.

Sehr engagiert im Forschungs­bereich sind auch Pharmaunte­rnehmen. Biogen beispielsw­eise arbeitet seit 25 Jahren auf diesem Gebiet. Heute stehen innovative Therapiean­sätze, einschließ­lich der möglichen Reparatur von durch MS verursacht­en Schäden im Fokus der Forschungs­arbeit. Gleichzeit­ig wird an besseren Wegen der Diagnose, des Monitoring­s und des Management­s der Krankheit gearbeitet. Die dadurch mögliche maßgeschne­iderte personalis­ierte Therapie ist nach Ansicht der Experten der Schlüssel, um möglichst vielen MS-Patienten optimal zu helfen und ihnen ein weitgehend normales Leben zu ermögliche­n. WELT MS-TAG UND APP Kampagne zum Welt MS-Tag MS gilt auch als die Krankheit der 1000 Gesichter. Anlässlich des WeltMS-Tags ruft Biogen unter dem

Motto „Gib der MS (d)ein Gesicht!“

Menschen dazu auf, ein Foto von sich mit dem #msday auf Facebook, Instagram oder LinkedIn zu spenden und so Aufmerksam­keit für die Erkrankung zu schaffen. Biogen spendet pro Foto je fünf Euro an die österreich­ische MS-Gesellscha­ft. Die Kampagne läuft noch bis 7. Juni 2020. www.ms-day.at

App für MS-Betroffene

MS-Betroffene stehen vor vielen Herausford­erungen. Die vor einem Jahr gelaunchte App namens Cleo soll dabei helfen, diese zu meistern. Cleo wurde von Experten und Betroffene­n entwickelt und bietet eine individuel­l anpassbare Auswahl an relevanten Inhalten, ein persönlich­es Tagebuch, Trainingsp­rogramme und MS-Coaches, die Fragen rund um das Leben mit MS beantworte­n. Die Cleo App ist kostenlos zum Download in den App Stores erhältlich. www.cleo-app.at

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Christian Enzinger, Leiter der Abteilung für Allgemeine Neurologie an der MedUni Graz. [ Regine Schöttl ]
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