Mode: Jetzt zu viel, später zu wenig
Handel. Die Fülle an Sommerware bereitet den Modehändlern große Sorgen – und das nächste Problem bahnt sich bereits an: Im Herbst könnte es zu wenig Kleidung geben.
Wien. Wo sich in den Sommermonaten unter normalen Umständen unzählige Touristen tummeln würden, warten Modehändler mit vollbehängten Stangen vergeblich auf Kunden. Infolge von Liquiditätsengpässen können viele Vorlieferanten die Herbstware nicht in Auftrag geben, oft scheitert der Einkauf auch an Lieferproblemen.
In Stadtzentren wie Wien, Innenstadt, Salzburg oder Innsbruck sei die Lage am Schlimmsten, sagt Jutta Pemsel, Branchensprecherin für Mode-, Sport- und Freizeitartikel bei der Wirtschaftskammer (WKO). Dort hätte es seit der Wiedereröffnung wegen der fehlenden Touristen vereinzelt sogar Tage gänzlich ohne Umsatz gegeben, in ländlichen Gegenden seien die Händler wegen ihrer hohen Stammkundendichte etwas weniger verzweifelt. „Die Sommerware muss stark reduziert verkauft werden, wenn sie übrig bleibt, was wiederum mit Verlusten einhergeht. Die Händler sind schon froh, wenn sie mit einem niedrigen zweistelligen Minus davonkommen“, sagt Pemsel. „In den Innenstädten betragen die Umsatzeinbußen 70 bis 80 Prozent.“
Probleme im Mittelstand
Große Marken wie Hugo Boss und S. Oliver hätten Pemsel zufolge bereits Stornierungen für den Herbst durchgeführt, Probleme gebe es auch bei Tally Weijl, Esprit und Takko. Der Wäschehändler Huber hat am Donnerstag ein Sanierungsverfahren angemeldet. Im Kaufhaus Steffl sei die Herbst- und Winterware dagegen nicht in Gefahr, heißt es von Geschäftsführer Nico Heinemann auf Anfrage der „Presse“: Die Kollektionen würden wie bestellt geliefert, nur bei einzelnen Produkten könne es vonseiten der Lieferanten zu Ausfällen kommen. „Wir sind aber sehr positiv eingestellt, die Kundenfrequenz nimmt von Woche zu Woche zu“, sagt Heinemann.
„Die heimischen Marktführer sind wegen der finanziellen Probleme bei ihren mittelständischen
Vorlieferanten besonders stark betroffen. Diese müssten die nächste Produktion im Juni in Auftrag geben, können es aber nicht, weil das Geld fehlt“, sagt Jutta Pemsel. Da große Unternehmen auf der ganzen Welt produzieren, seien sie flexibler und könnten ihre Produktionsstätten einfacher wechseln. „Sie haben die Produktion selber in der Hand – im Gegensatz zu Händlern, die selbst beim Lieferanten kaufen“, sagt Pemsel.
Dem Schuhhandel drohe ebenfalls eine noch nie dagewesene Pleitewelle, sagt Friedrich Ammaschell, Obmann des Werbevereins der österreichischen Schuhwirtschaft und Sprecher der Branche. „Die Branche verliert bis Jahresende rund 25 bis 30 Prozent an Umsatz, da die Schließungsperiode in die umsatzstarke Frühjahrssaison fiel“, sagt er. Die Ware müsse bis zu 60 Prozent abgewertet werden, da auf einen Umsatzrückgang von 30 Prozent im ersten Quartal ein zweistelliges Minus in der ersten Mai-Hälfte folgte. (ozl)